Märklin präsentiert seinen Schienenbus VT 98 als Gleichstromfahrzeug unter dem Trix-Label

 

von  Klaus Honold

 

Vorschußlorbeeren welken besonders schnell. Im November vergangenen Jahres, auf der Kölner Modellbahnmesse, hatte sich Trix einen Auftritt mit Aplomb gegönnt. Der Märklin-Tochter wurde vom Konzern versprochen, sie dürfe die Gleichstromkunden künftig wieder mit Fahrzeugen verwöhnen, die deren eigenen Ansprüchen genügen. Ein wichtiges Wort – zumal Trix noch immer zu den wichtigen Anbietern auf dem Gleichstrommarkt zählt.

 

Doch die Wirklichkeit hat den Versprechungen nicht standgehalten. Mit der BR 01 und der Re 4/4 erschienen weiter Märklinmodelle, die ohne jeden Komfort für die Gleichstromwelt zurechtgebogen wurden. Im Umfeld dieser Modelle hätte auch der Schienenbus VT 98 erscheinen sollen. Doch die Auslieferung verzögerte sich – um ein halbes Jahr. Optimisten nahmen das für ein gutes Zeichen. Würde die neue Märklin-Führung nachbessern lassen?

 

Die Optimisten wurden enttäuscht. Der Schienenbus ist nunmehr das traurigste Beispiel des Zurechtmachens von Märklinmodellen für Trixfreunde. Dabei wurde der Schienenbus heiß ersehnt. Schließlich ist das erste und bislang einzige akzeptable Zweileitermodell auch schon fast zwanzig Jahre alt – der VT 98 von Roco. Damals eine hochachtbare Entwicklung. Heute sieht er ein wenig alt aus.

 

Es wäre also Zeit für eine taugliche Neuentwicklung. Doch schon wieder – Märklin/Trix hat die Chance verpaßt. Inzwischen ist die Enttäuschung fast so gewiß wie das Spielergebnis für Mainz 05. Warum nur? Die Antwort darauf bleibt Märklin weiter schuldig.

 

Foto: Märklin/Trix

 

Zum Modell. Neben dem Roco-Konkurrenten macht der Trix-Schienenbus durchaus eine gute Figur. Angenehm fallen sofort die dezentere Lackierung und die viel feineren Nietenreihen auf. Bedruckung und etwa die Gravur des Lüftungsgitters auf der Seitenwand des Motorwagens gefallen. Als Garnitur mit dem Steuerwagen sowie mit dem bereits seit dem Winter lieferbaren Beiwagen ist der Schienenbus schön anzuschauen.

 

Foto: Märklin/Trix

 

Daß das Dach nach vorn an den Seiten etwas zu steil abfällt, irritiert nicht allzu stark. Ärgerlicher fallen die Stirnfronten auf. Die Fensterscheiben  sind schlecht eingepaßt, die nicht mit dem Gehäuse verbundenen Streben ein eigenwilliger Konstruktionskompromiß. In direkter Ansicht erkennt man die Trennstellen. Gut gelungen dagegen die Lampen und ihre Einfassungen.

 

Um zu einem fairen Urteil zu gelangen, schicken wir den Roco-Schienenbus zurück ins Bw und lassen den VT 95 von Fleischmann herantuckern, viel neueren Baudatums. Doch leider geht dieser Vergleich auch nicht zugunsten von Märklin/Trix aus. Da, wo Märklin sonst mühelos punktet, bei der Bedruckung, triumphiert Fleischmann mit deutlicher feinerer Schrift. Auch Gummidichtungen und Aluminiumeinfassungen der Fenster fallen bei Fleischmann feiner aus. Die Nietenreihen sind mindestens ebenso niedlich wie bei Trix. Die Gehäuseform ist besser getroffen; das Problem der Kupplung freilich wurde bei Fleischmann unter Inkaufnahme eines Einschnitts in der Stirnfront gelöst.

 

Dafür gibt es bei Fleischmann den freien Durchblick durchs Innere – bis unter die Oberschenkel-Ebene eventueller Preiser-Fahrgäste. Bei Trix ragt nicht nur ein Getriebekasten über die Fensterlinie, sondern auch die voluminöse Konstruktion des analog nicht benötigten Sound-Lautsprechers. Das sieht aus, als führte der Schienenbus eine Biersudpfanne oder einen riesigen Waschkessel mit sich. Was man sich dabei wohl gedacht hat? Auch unter dem Wagenkasten ist die Ausstattung des Trix-Schienenbusses recht muskulös geraten, um es freundlich auszudrücken.

 

Bis jetzt sprachen wir über Vitrinenmodelle. Beide Baureihen jedoch, der VT 95 und der VT 98, sind mit jeweils Hunderten Exemplare durch die Epochen III und IV gefahren – als “Nebenbahnretter”, einem Ruf, dem sie lang, wenn auch nicht   überall gerecht wurden. Wer jemals in einem Schienenbus reiste, etwa von Wiebelsbach-Heubach im Odenwald nach Eberbach am Neckar, wird die Reise nie vergessen. Nicht den Blick über den Triebwagenführer hinweg auf die Strecke, nicht die blaugrauen Kunststoffpolster der umlegbaren Sitze, nicht das sonore Gebrumm, zumal auf Steigungen. Langsam und zugleich laut schob sich der Zug aus dem Bahnhof – so möchte man das auch auf der Anlage erleben.

 

Mit Roco ging das nicht. Die Stromabnahme allein vom Triebwagen war untauglich, der Zug ließ sich schlecht regeln und kam nur mit “High Speed” gut über die Runden. Fleischmann beließ es ebenfalls beim Triebwagen als Alleinfahrer, griff aber zu einem Trick: Die Schienenbremse diente als weitere Stromabnahme. Das funktioniert narrensicher, und der Wagen gleitet sanft über die Gleise. Perfekt.

 

Inzwischen sind zehn Jahre vergangen. Was würde sich Märklin/Trix einfallen lassen? Schwer zu sagen. Zunächst wagt sich der Triebwagen nur stotternd aus dem Bahnhof. Triebwagen und Steuerwagen (und wenn man will, auch der Beiwagen) lassen sich über eine elektrisch leitende Kupplung verbinden; beim Steuerwagen wird auf einer Achse beidseitig Strom abgenommen. Die Fahreigenschaften bleiben jedoch gleich schlecht, egal mit wie vielen Wagen man unterwegs ist.

 

Wir benutzten einen normalen analogen Nichthalbwellen-Trafo. Der Zug brummt unwillig, bevor er sich mit einem Hupfer in Bewegung setzt. Dann kann man ihn Runden sausen lassen. Sanftes Abbremsen – das ist in der Märklin/Trix-Welt auch im Jahr 2007 nicht vorgesehen. Um etwas Positives zu sagen: Von allen Kandidaten ist bei Trix der Innenraum am hellsten erleuchtet. Und auch die Spitzenbeleuchtung leuchtet erkennbar – leider zitronengelb.

 

Wir haben geduldig versucht, unserem Schienenbus bessere Fahrleistungen zu entlocken. Leider litt der Motorwagen unter einer verbogenen Achse und somit eierndem Lauf. Nun ja, kann passieren. Wir wollen nicht vergessen, daß Märklin im Nürnberger Trix-Werk die Hälfte der Mitarbeiter entlassen will. Das ist nicht gerade die beste Strategie, um die Auslieferung einwandfreier Fahrzeuge zu garantieren.

 

Ein Modell des VT 98, um dies noch mal zu betonen, ist in der Baugröße H0 unverzichtbar. Das gilt für alle Stromsysteme. Das Roco-Modell ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Es müßte für Märklin/Trix ein leichtes sein, ihr Modell so nachzubessern, daß es auf allen Gleichstromgleisen die Nase vorn hat – eigentlich. Das kostet nicht viel, aber ein bißchen kostet es schon. Solange Märklin jedoch glaubt, es könne Meriten ernten, ohne jeglichen Einsatz zu leisten, fährt das Unternehmen auf einem Abstellgleis. Den Kunden kostet der Schienenbus 369 Euro – in echtem Geld 740 Mark, plus 70 Euro (140 Mark) für den Beiwagen. Das ist wahrlich ein starkes Stück – und gemessen am Gegenwert wirklich keine Alternative zu den Modellen der Mitbewerber.

 

 

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kh 18. Mai 2007

 

alle Fotos: © reflektion.info
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