Die Pilatus-Bahn

Steilste Zahnradbahn der Welt
1627 Höhenmeter : 4,27 km = 48 % Steigung

 

Fahrplan 1892

Auf den Gipfel des 2066 m hohen Pilatus führt seit 1889 die Pilatusbahn, die steilste Zahnradbahn der Welt. Die  4,6 km lange Schmalspurstrecke (Spurweite 800 mm) von Alpnachstad auf den Pilatus wurde am 4. Juni 1889 eröffnet und ist seit 1937 elektrifiziert. Die Bahn überwindet eine Höhendifferenz von 1.629 Meter. Wegen der enormen Steigung -maximal 48%- kommt das Zahnradsystem Locher zum Einsatz.

Pilatus Kulm im Sommer - im Hintergrund der Vierwaldstätter See

Der Schweizer Ingenieur Eduard Locher hatte die Idee zu dieser Bahn. Als er im 19. Jahrhundert damit an die Öffentlichkeit ging, wurde er zunächst schlichtweg für verrückt erklärt. Denn Lochers Konzept für die Streckenführung war nicht alltäglich. Die Spurweite wurde auf 80 cm reduziert, das ist nur noch ungefähr die Hälfte der normalen Spurweite (1435 mm).

Zahnstangensystem Locher mit liegender Doppelzahnstange und Triebzahrädern

In diese schmale Spur legte Locher seine eigene Konstruktion einer Zahnstange, die in Form eines flachen Stabes auf beiden Seiten gezähnt war - quasi eine doppelte, liegende Zahnstange. Die seitlich eingreifenden Zahnräder konnten so nicht mehr auf der Zahnstange hochsteigen, weil sich immer zwei Zahnräder gegenüberstanden. Um letzte Sicherheit zu gewährleisten, wurden Scheiben unter die Zahnräder gelegt, die gleichzeitig die Fahrzeuge in der Spur halten. Spurkränze im üblichen Sinn waren nicht mehr erforderlich. Führung und Antrieb konzentrieren sich auf der Zahnstange. Gewissermaßen wurde so das System einer Einschienenbahn mit dem einer Normalbahn verknüpft. Voll beladen hatte der Triebwagen ein Gesamtgewicht von 11,6 Tonnen nach oben zu befördern. Deshalb konnte nicht auf normalen Gleisen gefahren werden. Die schweren Wagen hätten die Doppelzahnstange mitsamt ihren Gleisen auf den steilsten Abschnitten von 48% schon beim ersten Befahren aus dem konventionellen Schotterbett gerissen. So mußte die gesamte Gleiskonstruktion auf der ganzen Länge von 4,27 km im Berg verankert werden.

Damm mit Oberbau und Verankerungen

Von der Talstation bis hinauf zum Gipfel wurde ein 114 cm breiter Damm gebaut, der mit Brücken und Tunnelpartien verbunden wurde. Auf diesem Fundament wurde der Oberbau befestigt. Runde Stangen verankern die Schwellen an der Mauer. Rundanker umfassen die Mauer wie Klammern, so daß eine stabile Verbindung zwischen Ober- und Unterbau entstand. Auf dieser Konstruktion wurde die Zahnstange befestigt. Das Gewicht pro Laufmeter des Oberbaus beträgt 177 Kilo.

1895: 3 Dampftriebwagen im Talbahnhof Alpnachstad

Abgestützt wurden die Fahrzeuge auf konventionellen Schienen. Mit diesem System sollten bedeutend größere Steigungen bewältigt werden können, als mit dem bekannten Zahnstangen-System Riggenbach. Der Kurvenradius konnte aus topographischen Gründen nur 80 m betragen.Trotzdem waren noch eine ganze Reihe von Problemen zu lösen. So zum Beispiel die Art des Triebfahrzeugs, die Neigung des Dampfkessels, die Bremsen, die Weichen etc. Nachdem diese offenen Probleme konstruktiv bewältigt worden waren, wurde die Route festgelegt. Die Strecke sollte von Alpnachstad durch den Wald nach Aemsigenalp direkt an der Südflanke des Pilatus hinauf zum Hotel Bellevue führen.

Am 29. März 1886 fand im Hotel Du Lac die Gründungsversammlung der Pilatus-Bahn-Gesellschaft statt. Zwei Millionen Franken sowie eine Obligationsanleihe von 850.000 Franken standen der neu gegründeten Gesellschaft zur Verfügung. Die Bauarbeiten erwiesen sich schwieriger als angenommen. Alle Erfahrungen, die die Eisenbahnbauer bisher gemacht hatten, konnten wegen der außerordentlichen Steigungen bei der Pilatusbahn nicht angewandt werden. Jeder einzelne Arbeitsgang mußte von den Ingenieuren neu durchdacht und mit neuen Mitteln und Werkzeugen in Angriff genommen werden. Für den Generalbauunternehmer Locher war der Bau risikoreich, denn die 1,9 Millionen Schweizer Franken sollten nur dann fließen, wenn der Bau bis zum 15. Juni 1889 vollendet war. Bei Terminüberschreitung wäre eine Konventionalstrafe von 1.000 Franken pro Tag zu entrichten gewesen. Trotz der harten Bedingungen beim Bau der Bahn schafften Locher und seine Arbeiter, die Bahn in der unglaublichen Kürze von nur 400 Arbeitstagen fertigzustellen. Bereits am 17. August 1888 fuhr der erste Personenzug auf den Berg. Er beförderte die Mitglieder des Verwaltungsrats der Bahn-Gesellschaft zu einer Sitzung in das Hotel Bellevue. Die offizielle Eröffnung wurde auf den 17. Mai 1889 festgelegt und am 4 Juni 1889 nahm die Bahn formlos ihren Betrieb auf. Die Bauvorgabezeit wurde somit um elf Tage unterschritten.

Letzte Fahrten 1981:  Der Dampftriebwagen 9 steht heute im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern

Im Pauschalvertrag zwischen der Pilatus-Bahn-Gesellschaft und Locher & Cie. war die Lieferung von 8 Dampftriebwagen vereinbart worden. Der Bau des Lokomotivteils und des Untergestellserfolgte in Winterthur bei der SLM  (Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik. Der Wagenkasten wurde von der Schweizerischen Industrie-Gesellschaft Neuhausen (SIG) gefertigt. Es wurde eine für Bergbahnen ungewöhnliche Konstruktion gewählt. Lok und Wagen nutzten ein gemeinsames Fahrgestell, quasi wie bei einem LKW Führerhaus und Ladefläche. Der abnehmbare, hölzerne Wagenkasten mit vier Abteilen befand sich auf dem vorderen Teil des Fahrgestells. Die einzelnen Abteile hatten 8 Plätze, so daß insgesamt 32 Personen befördert werden konnten.  Der Dampfkessel wurde wegen der Neigungsschwankungen quer eingebaut. Als Antrieb diente eine Zweizylindermaschine, die unter dem Kessel lag. Erste Fahrversuche fanden am 5. Oktober 1886 statt.

Triebwagen Nr. 1 im Jahr 1895. Die Zeichnung enthält bereits die für den besseren Komfort der Fahrgäste nachgerüsteten 8 Wagenkastenfedern

Die Pilatusbahn-Gesellschaft kalkulierte mit 15.000 Passagieren, die pro Jahr die Pilatus-Bahn nutzen würden. Bereits im ersten Halbjahr wurde festgestellt, daß die zugrunde gelegten Passagierzahlen viel zu niedrig angesetzt waren. Bis dahin waren bereits 36.892 Passagiere befördert worden. Die Bahngesellschaft mußte weitere Triebfahrzeuge beschaffen und so wurde 1889 der als Schaustück von der SLM in eigener Initiative gebaute und zur Weltausstellung in Paris ausgestellte Triebwagen dazugekauft. 1900 wurde ein weiteres Fahrzeug gekauft und 1909 lieferte die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM), Winterthur den letzten Dampftriebwagen. Dieser zuletzt gelieferte Dampftriebwagen hatte eine kleinere Heizfläche, arbeitete aber mit dem moderneren, leistungsfähigerem Heißdampfsystem und war 0,8 Stundenkilometer schneller, als die Naßdampftriebwagen. Um die Bahn leistungsfähiger zu machen, wurden 1910/11 die Triebwagen mit den Nummern 1 und 2 mit Überhitzern ausgestattet. 1930 wurden auch die Triebwagen 6 und 8 auf Heißdampf umgestellt.

1936, nach der letzten Saison mit Dampfbetrieb wurden neun Triebwagen ausrangiert und durch neue Elektrotriebwagen ersetzt. Seither braucht die Bahn für die Bergfahrt nur noch 40 Minuten gegenüber 70 Minuten mit dem Dampftriebwagen. Zwei Dampftriebwagen aus der Anfangszeit der Pilatusbahn sind bis heute erhalten geblieben. Wagen 9 steht im Verkehrshaus Luzern, der Wagen 10 läßt sich im Deutschen Museum in München besichtigen.

1895 verzeichnete die Pilatus-Bahn 40.000 Passagiere. Eine Bergfahrt kostete damals 10 Franken, eine Talfahrt 6 Franken. 1906 wurde die Grenze  von 50.000 deutlich überschritten. Das absolute Rekordjahr war 1971. In diesem Jahr sind über 300.000 Personen mit der Pilatus-Bahn gefahren. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Bahngesellschaft allerdings über 10 geräumige Elektrotriebwagen. Jeweils von November bis Mai ist der Betrieb der Zahnradbahn eingestellt.

Talbahnhof Alpnachstad an der Linie der SBB-BrünigBahn (Luzern-Interlaken)


Pilatus Kulm: Die Pilatus Bahn hält Winterschlaf

 

Streckendaten

 

Streckenlänge

4.27 km

 

Spurweite

800 mm

 

Stromsystem

1550 V =  (seit 1937)

Zahnstange

Locher

 

 

 

 

Stationen

 

 

Alpnachstad

437 m ü.M.

0.00 km

Pilatus Kulm

2066 m ü.M.

4.27 km

Fotos: Sammlung, Pilatus Bahn

30.11.05 Francesa de Rotta

 

 

 

 

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