Kreuzeryacht ARTEMIS eine Göttin erwacht zu neuem Leben
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Fotostrecke
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Nach dreizehnjähriger Restaurierung auf der Werft des Beschäftigungsträgers JUGEND IN ARBEIT HAMBURG eV., wurde die historische Kreuzeryacht ARTEMIS wieder in Dienst gestellt. Das 1900 auf der Werft Summers & Payne in Southampton gebaute Schiff kann auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Wie durch ein Wunder ist die Inneneinrichtung nahezu im Original erhalten geblieben. Auch äußerlich entspricht die über 30 m lange ARTEMIS wieder ihrem Originalzustand, so daß das im Besitz der Stiftung Hamburg Maritim befindende Schiff heute eines der letzten Exemplare der klassischen Kreuzeryachten in Nordeuropa ist. Am 2. Mai 2008 wurde die ARTEMIS im City-Sportboothafen Hamburg wieder in Dienst gestellt.
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ARTEMIS am 2. Mai 2008
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ARTEMIS ist eine der letzten erhaltenen, großen Kreuzeryachten aus der Hochblüte des klassischen Yachtbaus. Die Werft Summers & Payne in Southampton zählte zur damaligen Zeit zu den besten Adressen für den Yachtbau. 1913 ist Summers & Payne in der weltbekannten und noch heute bestehenden Werft von Camper & Nicholson aufgegangen.
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Die ganz aus Holz gebaute ARTEMIS besaß keinerlei maschinelle Hilfseinrichtungen; die riesigen Segel wurden ausschließlich mit Menschenkraft gesetzt und bedient, ebenso der Ankerspill. Sie besaß keinen Hilfsmotor. Zum Freischleppen der Yacht bei Flaute sowie zum Übersetzen auf der Reede war eine „Steam Launch“ vorhanden, ein kleines dampfgetriebenes Boot, das bei längeren Reisen der Yacht an Deck gehievt werden konnte.
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Erster Eigner der ARTEMIS -die Yacht ist benannt nach der griechischen Göttin der Jagd - war Mr. Frank Loughborough Pearson aus London. Er schickte seine Yacht mit einer neunköpfigen Besatzung (darunter einen Koch und einen Steward) erstmals im Sommer 1900 auf Reisen. Die Teilnahme der ARTEMIS an den damals stattfindenden Ragatten war nicht besonders erfolgreich. Das lag allerdings nicht an ihren Segeleigenschaften, die immer hoch gelobt wurden, sondern eher an der Qualität der Schiffsführung, die wohl deutlich zu wünschen übrig ließ. Im Jahr 1900 nahm die ARTEMIS an der Kieler Woche teil und segelte im gleichen Feld wie die METEOR, die Yacht von Kaiser Wilhelm II. Das beste Regattaergebnis der ARTEMIS war ein dritter Platz.
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1904 wechselte sie den Besitzer. Neuer Eigner war Colonel W.G. Nicholson ebenfalls aus London. 1938 erwarb William Bentley die Yacht, die damals noch segelklar gewesen sein soll. Er war Inhaber eines gut gehenden Austernkellers in London. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war auch in England die Zeit der großen Yachten vorbei. Die meisten lagen mit abgeschlagenen Segeln in stillen Hafenwinkeln oder auf Reede und rotteten vor sich hin. Wegen ihres tonnenschweren Bleikiels wurden viele Yachten an die Rüstungsindustrie verkauft, die stattliche Summen dafür zahlte. Während des Zweiten Weltkriegs hat die ARTEMIS als Ballonschiff gedient. Zur Abschreckung feindlicher Kampfflugzeuge wurden damals diverse Fahrzeuge auf der Themse verankert und mit Ballons an langen Stahlseilen versehen.
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Seit 1947 fand sie nur noch als Hausboot Verwendung. Takelage und Ausrüstung kamen von Bord - ein Schicksal, das sie mit fast allen großen Yachten teilte. Sie lag jetzt in West Mersea am Blackwater River nördlich der Themsemündung inmitten einer Flotte anderer Hausboote. Als die letzte Mrs. Bentley die Yacht nicht mehr unterhalten konnte, erwarb JUGEND IN ARBEIT HAMBURG eV. 1994 die ARTEMIS. Im Herbst 1994 wurde die Yacht aus ihrem Schlickbrett befreit. Um diese Aufgabe bewerkstelligen zu können, mußte ein 50 Meter langer Kanal zum tiefen Fahrwasser gebaggert werden. Nur so konnte die ARTEMIS frei kommen. Nach einer Inspektion und einer behelfsmäßigen Reparatur, die auf einer nahegelegenen Werft stattfand, konnte anschließend die Überführung nach Deutschland mit einem Dockschiff erfolgen. 1996 wurde mit der grundlegenden Instandsetzung des hölzernen Rumpfes begonnen.
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Ab 2008 werden regelmäßige Ausfahrten elbabwärts veranstaltet werden. Zudem wird zukünftig die Möglichkeit geboten, das Schiff ganz- oder mehrtägig zu chartern. Mit ihrer einzigartigen Atmosphäre wird die ARTEMIS für alle Veranstaltungen einen besonderen Rahmen bieten. Die Kreuzeryacht ARTEMIS wird außerdem auch an ihrem zukünftigen Liegeplatz - dem noch im Bau befindlichen Sandtorhafen in der Hafencity - für Tagungen, Seminare oder Feierlichkeiten zu chartern sein.
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Technische Daten: Baujahr: 1900 Bauwerft: Summers & Payne, Southampton Konstrukteur: Arthur E. Payne Baumaterial: Teak auf Eiche, Bronze-Verbolzung LüA: 35,27 m Länge Rumpf: 29,15 m Länge Wasserlinie: 23,42 m Breite: 5,05 m Tiefgang: 3,60 m Vermessung: 60 BRT / 54 NRT Gewicht: 110 t (davon 36 t Ballast) Segelfläche: 476 m² auf 6 Segeln: Klüver, Fock, Großsegel, Großtoppsegel, Besan- und Besantoppsegel Besatzung (1900): 9 Mann; Kapitän, Steuermann, 5 Decksleute, Koch und Steward Diesel-Maschinenleistung nach Einbau des Hilfsmotors: 260 PS
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Fotostrecke: Indienststellung ARTEMIS am 2. Mai 2008 im City Sporthafen Hamburg
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Edle, 108 Jahre alte Symbiose aus Holz und Messing: das Steuerrad
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Für seine Länge ist der Rumpf recht schmal: Verhältnis Länge : Breite = 5,7 : 1
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Der Bug ist löffelförmig - typisch für diesen Bootstyp
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in Gold ausgelegte, eingeschnittene Bugverzierungen
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Der Großmast mit Baum (unten), Gaffel (oben) und angeschlagenem Segel
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Ankerspill und nagelneue, glänzend weiße Leinen
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Blick über das Steuerbord-Deck vom Doghouse zum Bug
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Blick über das Backbord-Deck vom Doghouse zum Bug
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Die Winsch mitschiffs vor dem Steuerrad. Beispielsweise hier zeigt sich die Vielfältigkeit der verwendeten Holzarten: Decksbalken und Steven aus Eiche, für den Kiel Ulme, Außenhautplanken und Weger aus Teak und das Deck Kauri-Pine aus Neuseeland.
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Das im Original erhaltene Steuerrad in seiner ganzen Pracht
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Steuerrad und dahinter stehender, für eine Yawl recht großer Besanmast
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Am Fuß des Steuerrades steht der Kompaß
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In den naturfarbenen Spiegel wurden Name und Heimathafen eingestochen und weiß ausgelegt.
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ARTEMIS ist als Yawl getakelt, d.h. der Besanmast steht noch hinter dem Ruder.
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Doghouse oder Deckshaus mit Niedergang
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Unter Deck: der Niedergang im Doghouse
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Doppelkabine im Heck - hinter der Tür befindet sich die Toilette
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Lady’s Cabin
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Der Salon mit Kamin und Durchgang zur Pantry
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Der moderne Arbeitsplatz des Navigators unter Deck. Rechts im Bild grenzt der Salon an.
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Mannschaftslogis im Bugraum. Der Stufen des Niedergangs sind noch mit Schutzfolie beklebt.
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Der Großmast mit den Flaggen der Sponsoren
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Der Großmast ist geteilt in Untermast und Stenge, der Besanmast ist ein Pfahlmast aus einem Holz.
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Auch die Taufpatin des Bootes Karin Roth, parlamentarische Staatsekretärin im Bundesverkehrsministerium, war aus Berlin angereist. Sie war übrigens die einzige Person an Bord, die keine deckschonenden Schuhe trug, sondern die frischen Decksbalken mit hochhackigen Straßenschuhen beglückte - manch andere Anwesenden waren weniger begeistert.
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Werbung
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PS 22. Mai 2008
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