Schwere Havarie mit drei Schiffen auf der Elbe

 

 

 


Containerfrachter Arctic Ocean

Bei der Schiffskollision am 5.12.2005 gegen 20.20 Uhr war der mit rund 1.800 Tonnen des Düngemittels Kaliumchlorid beladene und rund 80 m lange Stückgutfrachter "Maritime Lady" gesunken. Zuvor war das Schiff mit dem 125 Meter langen Containerfrachter "Arctic Ocean" kollidiert und in Richtung Nordsee getrieben.

 

Sieben Besatzungsmitglieder der "Maritime Lady" retteten sich durch einen Sprung in die 7° C kalte Elbe. Die  polnischen und russischen Seeleute konnten von der Besatzung des Lotsenversetzbootes "Kircheiss" aus dem hier fast 4 km breiten Elbstrom gerettet werden. Drei Unglücksopfer wurden wegen Unterkühlungen oder Verletzungen in umliegenden Krankenhäusern behandelt.

 

Nach ersten Erkenntnissen fuhr die "Maritime Lady" elbabwärts in Richtung Nordsee, als der zweite Frachter, der Containerfeeder “Arctic Ocean”, von Brunsbüttel kommend aus dem Nord- Ostseekanal in die Elbe Richtung Hamburg hineinfuhr. Dort kam es im Hauptfahrwasser rund 1000 Meter östlich der Mole 1 bei Tonne 58a aus unbekannter Ursache zu einem Zusammenstoß der beiden Schiffe. Das Containerschiff "Arctic Ocean" der Reederei Freese konnte seine Fahrt fortsetzen und vor Anker gehen. Sie muß vor einer Weiterfahrt auf die Intensität der Schäden untersucht werden.

 

 

Das Wrack der "Maritim Lady" trieb mit der Ebbe weiter in Richtung Nordsee. Um 21.15 Uhr überlief das mit einem Lotsen fahrende 154 Meter lange und mit flüssigen Düngemitteln beladene Tankschiff "Sunny Blossom" das Wrack des Havaristen.

 


Tankschiff Sunny Blossom

 

Die "Sunny Blossom"  ging manövrierunfähig am Südufer der Elbe auf Grund. Gegen Kapitän und Lotsen des Schiffes wurde sofort ein Strafverfahren wegen Gefährdung des Schiffsverkehrs eingeleitet. Schlepper konnten den Tanker wenige Stunden später aber mit einsetzender Flut freibekommen. Schäden wurden bislang an der “Sunny Blossom” nicht festgestellt.
Die Ursache der Havarien ist nach Angaben der Bund-Küstenländer-Behörde noch unklar. Sowohl auf der "Arctic Ocean" als auch auf der "Sunny Blossom" waren Lotsen an Bord. Darüber hinaus herrschte zum Unfallzeitpunkt gute Sicht und das Gebiet wurde von der Revierzentrale Brunsbüttel aus von Radarlotsen überwacht.

Derzeit sichern Schlepper und ein Gewässerschutzschiff den gekenterten und kieloben auf Grund liegenden Düngemittelfrachter ab. Damit soll verhindert werden, dass das Wrack in die etwa ein Kilometer entfernte Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals treibt und die Schiffahrt behindert. Bislang ist laut Havariekommando nicht festgestellt worden, daß Schadstoffe aus dem gesunkenen Schiff austreten. Dessen Bergung werde voraussichtlich erst in einigen Tagen beginnen können.

Die Bergung des Frachters "Maritime Lady" wurde sofort vorbereitet. Taucher versuchten, das 80 Meter lange Schiff mit Seilen zu sichern, damit es bei Ebbe und Flut nicht hin- und herdriftet. Nach Angaben des Havariekommandos Cuxhaven müssen ein Bergungskonzept erarbeitet, Schwimmkräne bestellt und der Frachter gedreht werden. Das könne einige Tage in Anspruch nehmen.

Nach Angaben des Wasser- und Schiffahrtsamtes ist dieses Unglück auf der Elbe das schwerste seit mehr als 20 Jahren.                                  

 


Sunny Blossom: Ladung wird gelöscht

 

 

 

 

M/T Sunny Blossom

Beschreibung / Technische Daten

IMO Nummer

8502482

Unterscheidungssignal

C6IE2

Klasse

Det Norske Veritas +1A1

Tanker für Öl und Chemie

HL (1.5) IMO II+III

Flagge

Bahamas

Gebaut bei

Minami Nippon Zosen, Usuki, Japan

Baujahr

1986

Eigner

Yellowfin Shipping Co. Ltd., Gibraltar

 

 

 

 

M/S Arctic Ocean

Beschreibung / Technische Daten

Containerfrachter

 

Heimathafen:

London

Unterscheidungs-Signal

ZIUM 8

Flagge

England

IMO Nummer

9123805

Klasse

Germ. Lloyd 100 A5 E3, C2 P49, MC E3 Aut.

Baujahr

1995 bei Sietas, Hamburg

Länge über alles

133 m

Geschwindigkeit

18,5 kn

Tragfähigkeit

8002 tdw

Containerkapazität

660 TEU (2o-Fuß-Container)

Kühlcontaineranschlüsse

100

Reederei

Reedereigruppe Freese, Drochtersen (Elbe)

 

 

 

6.12.05  23:55 JFP

 

 

 Die weitere Entwicklung:

16.12.2005
“Maritime Lady” gedreht
Nachdem der Rumpf der 'Maritime Lady' am 14.12.2005 abgedichtet worden ist, sind zum Drehen des Schiffes mehrere Ösen angeschweißt worden. Dabei ist ein Bergungsarbeiter durch eine Gasverpuffung am Kopf verletzt worden.
Desweiteren wurde zum Schutz gegen auslaufende Treib- und Schmierstoffe eine zweifache Ölsperre um das Wrack gelegt.
Am 15.12.2005 ist die in den Cuxhavener Hafen  geschleppte "Maritime Lady" erfolgreich gedreht worden. Das Wrack wird in den nächsten Tagen leergepumpt und dann von innen untersucht werden.  Erst dann wird ersichtlich sein, ob die "Maritime Lady" nach dem Schließen dreier Lecks unterhalb der Wasserlinie am Kai wird vertäut werden können. Die Entscheidung zum Abwracken ist bereits gefallen. Wrack der Maritime Lady in Cuxhaven am 16.12.2005


13.12.2005
“Maritime Lady” gehoben

2 Schwimmkräne der Dansk Bergung Bugsier haben das Wrack gehoben und kieloben quer über die Elbe nach Cuxhaven geschleppt.
Außerhalb der Schiffahrtswege soll das Wrack vor Cuxhaven gedreht werden.
Starke Winde hatten die Bergung am Wochenende verhindert.
Wie Taucher inzwischen festgestellt haben, ist die Ladung durch die Kollision bereits vollständig ausgetreten.


10.12.2005
Erster Bergungsversuch gescheitert

Der erste Bergungsversuch, mit einem Schwimmkran das Wrack zu heben, ist gescheitert. Wegen der nicht ausreichenden Hebeleistung des Schwimmkrans muß die Ankunft eines weiteren, kräftigeren Krans abgewartet werden. Dies wird in den frühen Morgenstunden des 11. Dezember sein.


8.12.2005
Bergungsauftrag für Taucher Otto Wulf

Die Cuxhavener Firma Taucher Otto Wulf gewann mit ihrem Konzept die Ausschreibung. Sie werden mit der Bergung und Entsorgung des Wracks beauftragt.
Zusammen mit dem dänischen Bergungsunternehmen Dansk Bergung Bugsier (DBB) soll das Wrack vor Brunsbüttel mit zwei großen Schwimmkränen aus Dänemark gehoben und dann abtransportiert werden.
Innerhalb von 30 Stunden können die Kräne aus Dänemark in Brunsbüttel eintreffen.
Der Auftragswert der Bergung summiert sich zur Zeit auf ungefähr eine Million Euro. Wenn der Schiffsversicherer der “Maritime Lady” die Deckung nicht übernimmt, ist die Zahlung von den deutschen Behörden aus der Steuerlast zu leisten.


8.12.2005
Eigner gibt Wrack auf

Das Havariekommando und die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung (WSA) in Cuxhaven bereiten die Bergung der 80 Meter langen "Maritime Lady" vor.
Selbst bei einer schnellen Auftragsvergabe könnten die erforderlichen Schwimmkräne frühestens am Wochenende an der Unglücksstelle eintreffen.
Der norwegische Eigner der "Maritime Lady" hatte am Dienstag nicht auf die Aufforderung reagiert, das Schiff zu bergen und damit den Frachter aufgegeben. Nun muß die öffentliche Hand das Wrack aus dem Fahrwasser entfernen. Ob und in welcher Höhe eine Versicherung für die Kosten aufkommt, ist noch unklar.
Im Gespräch für die Bergung sind unter anderem die Hamburger Reederei Bugsier sowie das niederländische Bergungsunternehmen Smit.
Zunächst will das WSA das Wrack mit Hilfe eines Schleppers auf Position halten. Die "Maritime Lady" liegt nur wenige hundert Meter nördlich der Einfahrt zum Nord-Ostsee-Kanal.


8.12.2005
Mißverständnisse möglicherweise Ursache für Schiffskollision

Mißverständnisse in Form von Sprachunkenntnissen haben möglicherweise zu dem schweren Schiffsunglück auf der Elbe vor Brunsbüttel geführt.
In den Funkgesprächen zwischen dem Küstenmotorschiff "Maritime Lady" und dem Containerfrachter “Arctic Ocean" habe es laut der ermittelnden Wasserschutzpolizei eklatante Kommunikationsprobleme gegeben. Bei der Absprache, wer wen wie passieren lassen wolle, sei möglicherweise der entscheidende Fehler passiert.
Die “Maritime Lady" war am Abend des 5.12.2005 mit dem Containerschiff kollidiert und liegt seitdem kieloben in der Elbe. Die Bergung soll frühestens am 10.12.2005 beginnen.


7.12.2005
Nachtschicht am 5.12.2005 auf dem Lotsenversetzboot "Kapitän Kircheiss"

Nachtschicht auf dem Lotsenversetzboot "Kapitän Kircheiss" in Brunsbüttel. Die Nacht begann am 5.12.2005 um 18 Uhr.
Die "Kapitän Kircheiss" nahm Lotsen am Anleger auf, brachte sie zu einem der großen Pötte, ließ dort Lotsen einsteigen.
Auch kurz vor 20 Uhr war das Boot "draußen", wie der Kapitän Hartwig Egge sagt.
Was sich dann in der Dunkelheit ereignete, beschreibt der Kapitän so: "Wir waren gerade auf dem Rückweg vom Versetzen. Ich sah die “Maritime Lady” und die “Arctic Ocean” und hörte unseren Funkkanal “Elbe Traffic”.
Plötzlich rief einer: ,What are you doing?', ein anderer rief: ,Turn hard!'
Die Schiffe waren auch auf dem Radar gut zu sehen. Obwohl beide zuvor flott unterwegs waren, standen die Punkte auf dem Radar plötzlich still." Ein Besatzungsmitglied habe lautes, metallisches Krachen gehört, berichtet Egge. Er reagierte sofort: "Wir fahren hin!"
Obwohl sie wenige Minuten nach der Kollision am Unglücksort waren, hatte die "Maritime Lady" schon Schlagseite.
Die Besatzungsmitglieder winkten am Heck des Schiffes, die "Kapitän Kircheiss" fuhr an die Backbordseite der "Maritime Lady". Egge rief der Mannschaft zu: "Rübersteigen. Doch die reagierten gar nicht, standen da wie angewachsen. Nur einer ergriff die Chance". Als die "Maritime Lady" immer mehr Schlagseite bekam, ließ Egge das Lotsenboot beidrehen. Die "Maritime Lady" kippte wie in Zeitlupe auf die Seite. Egge beobachtete danach: "Vier der Seeleute kletterten auf der Außenhaut des Schiffes auf die Backbordseite. Zwei Männer waren schon im Wasser. Schließlich kippte das Schiff ganz, die Männer schrien. Dann sprangen sie.
Einen nach dem anderen haben wir dann aus dem Wasser geholt. Es war schwierig, wir verloren sie ständig aus dem Licht."
Der Kapitän ist sicher: "Die Reflektorstreifen auf der Kleidung haben ihnen das Leben gerettet, ohne die wären die Männer noch schlechter zu sehen gewesen." Die Seeleute wurden in dem 7° C kalten Wasser sehr schnell sehr schwach. Der erste konnte noch alleine an Bord kommen, der sechste war schon so gut wie bewußtlos. Und sie trieben wegen der Strömung schnell auseinander.
An Bord rief plötzlich einer der Männer, daß ein Kamerad noch fehle. Doch er war bereits gerettet, hatte sich nur in den warmen Maschinenraum verkrochen.
Egge setzte per "Elbe Traffic" den Notfallplan in Gang und informierte über die Lotsenstation Rettungswagen und Notarzt.


07.12.2005 - 11:35 Uhr
Polizei Hamburg:

Erste Ermittlungsergebnisse der Wasserschutzpolizei nach den Kollisionen auf der Unterelbe in Höhe Brunsbüttel
Unfallzeit: 05.12.05, 19.55 Uhr - Unfallort: Unterelbe, in Höhe Brunsbüttel, Tonne 58a

Am Montagabend kollidierte das aus der Brunsbütteler Schleuse kommende britische Containerschiff "Arctic Ocean" in Höhe der Tonne 58 a auf der Unterelbe mit dem britischen Seeschiff "Maritime Lady". Infolge der Kollision kenterte die "Maritime Lady", sieben Besatzungsmitglieder gingen dabei über Bord und konnten gerettet werden. Nach ersten Ermittlungen der Hamburger Wasserschutzpolizei könnten Kommunikationsprobleme über Funk mitursächlich für die Kollision gewesen sein.
Am Montagabend gegen 21.15 Uhr lief die unter der Flagge Bahamas fahrende "Sunny Blossom" auf den gekenterten Havaristen auf und kam manövrierunfähig auf Grund. Der Tanker wurde freigeschleppt und liegt im Elbehafen Brunsbüttel. Ein vorläufiges Auslaufverbot wurde ausgesprochen.
Die Seeberufsgenossenschaft wird den Tanker besichtigen. Die Wasserschutzpolizei leitete gegen den Kapitän und den beratenden Lotsen der "Sunny Blossom" ein Strafverfahren wegen Gefährdung des Schiffsverkehrs ein. Gegen den Kapitän der "Sunny Blossom" ordnete die Wasserschutzpolizeiin Absprache mit der Staatsanwaltschaft Itzehoe eine Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000 Euro an.
Die Ermittlungen der Wasserschutzpolizei, insbesondere die Auswertung der Beweismittel dauern an.
Sch.
Originaltext: Polizei Hamburg


Ladung: Kaliumchlorid
Kaliumchlorid findet vor allem als Düngemittel und Streusalz Verwendung. Außerdem ist es Rohstoff für die Herstellung fast aller Kaliumverbindungen wie Kaliumcarbonat und Kaliumhydroxid.
Das Düngemittel ist jedoch für die Umwelt ungefährlich und wird sich in der Elbmündung extrem verdünnen. Das bestätigt auch Greenpeace. Sollten bei der Bergung des Wracks die kompletten 1805 Tonnen in die Elbe rutschen, wäre die Menge vergleichsweise gering: Jährlich gelangten rund eine Million Tonnen Nährstoffe aus Landwirtschaft oder Abwasser in die Nordsee.
Wie Taucher inzwischen festgestellt haben, ist die Ladung durch die Kollision bereits vollständig ausgetreten