10. Juni 2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

75 Jahre Wismarer Schienenbus

 

Der Wismarer Schienenbus des
Eisenbahnmuseums Bochum-Dahlhausen komplett überarbeitet

 

58 Triebwagen der besonderen Art sind in den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts in der Ostseestadt Wismar gebaut worden.
Personenverkehr auf den vielen Klein- und Schmalspurbahnen, die den Anschluß der Landbevölkerung an die Ballungsgebiete übernahmen, war schon vor 80 Jahren ein schwieriges und fast immer defizitäres Geschäft. Die Lösung lag weder beim Dampflokomotivbetrieb noch bei den damals gerade aufkommenden großen und schweren Benzol- oder Dieseltriebwagen. Der ebenfalls neue Kraftomnibus war die vordergründige Lösung - aber eben für die Straße.
Das Landeskleinbahnamt der preußischen Provinz Hannover fand nach umfangreichen Gedanken die Lösung auf der Schiene und forderte unterstützt durch die Reichsbahndirektion Altona von der Industrie einen Leichttriebwagen, der preiswert in der Anschaffung war und zugleich durch niedrige Unterhalts- und Betriebskosten überzeugen mußte. Und ohne zu wenden waren in beiden Richtungen gleich gute Fahreigenschaften gefordert. Der Innenraum sollte rund 35 bequeme Sitzplätze erhalten.

 

Ende 1931 präsentierte die Waggonfabrik Wismar ihre Lösung:
Den Triebwagen Typ Hannover - schnell bekannt als Schweineschnäuzchen.
Für jede Richtung ein Ford-40-PS-Benzinmotor, der auf eine Achse wirkte - jeweils der vordere arbeitete, der hintere war abgeschaltet. Der Aufbau war speziell für die Erfordernisse auf Schienen konstruiert - also kein adaptierter Straßenbus. 1932 war die Kleinbahn Lüneburg-Soltau die erste glückliche Besitzerin des neuen Triebwagens Typ Hannover.
Der Typ Hannover entwickelte sich schnell zum Verkaufserfolg. Bis 1941 wurden 58 Wismar-Busse geliefert. Fünf Grundtypen ( A - E ) wurden angeboten. Von 3,5 Meter bis 6 Meter Achsstand, 10 bis 12 Meter Wagenkastenlänge, 2,05 bis 2,90 Meter breit und Spurweiten von 750, 1000 und 1435 mm.  Kein Fahrzeug war einem anderen gleich - zu individuell waren die Wünsche der Bahngesellschaften.

 

Am 15. September 1936 wurde der T-2 mit der Fabriknummer 20268 an die Kleinbahn Bremen-Thedinghausen abgeliefert. Er ist ein typischer Vertreter der Baureihe Hannover-A (11 Meter lang, 2,90 Meter, Radstand 4,40 Meter, 1435 mm Spurweite). Ungewöhnlich für dieses Fahrzeug sind die 900 mm großen Radsätze. Der Wismarer Schienenbus kann 70 Personen befördern. Er verfügt über 40 Polstersitze, 12 Klappsitze und 18 Stehplätze. Zur damaligen Zeit kostete das Fahrzeug 30.100,00 RM.

 

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1949 wurde der T-2 an die Butzbach-Licher Eisenbahn verkauft und ein neuer Ford-V8-Motor eingebaut. Durch diesen Umbau bedingt erhielt das 6,6 t schwere Fahrzeug auch neue Motorvorbauten, sie unterscheiden sich erheblich von den ursprünglichen Wismar-Schnauzen. 1988 wurde der Wismar Bus an die DGEG verkauft.

 

Heute, gut 80 Jahre nach Vorstellung dieser ungewöhnlichen Fahrzeugbauart sind in ganz Deutschland noch immer eine Hand voll Schweineschnäuzchen als Museumsfahrzeuge unterwegs.

 

Den diesjährigen 75. Geburtstag nahmen die Mitarbeiter des Eisenbahnmuseums Bochum-Dahlhausen zum Anlaß, ihren Schienenbus komplett zu überarbeiten.

 

Mit den Arbeiten war bereits während der Winterpause begonnen worden. Die  Mitarbeiter erneuerten den Linoleum-Boden, polsterten und bezogen die Sitze neu. Außerdem wurde der Schienenbus von innen lasiert.

 

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Paralell zu diesen Arbeiten stand zusätzlich die Hauptuntersuchung (HU) des historischen Fahrzeuges an. Im Rahmen dieser wurden Radsätze per Ultraschall auf Risse geprüft, eine komplette Bremsuntersuchung durchgeführt. Zusätzlich musste ein hartnäckiger Kupplungsdefekt behoben werden. Nach Abschluss dieser Arbeiten bekam der Schienenbus von Grund auf eine Neulackierung.

 

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In die gesamte Aufarbeitung wurden mehrere hundert Arbeitsstunden investiert. Dies hat sich jedoch gelohnt: Das Fahrzeug ist nun von innen und außen wieder eine Augenweide.  An Sonn- und Feiertagen kann man sich davon überzeugen und das Fahrvergnügen live erleben. An diesen Tagen pendelt der Wismarer Schienenbus zwischen dem Eisenbahnmuseum und dem S-Bahnhof Dahlhausen.
Informationen im Internet unter:
www.eisenbahnmuseum-bochum.de

 

 

 

© reflektion.info -  Fotos: Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen
Download nur zum nicht-kommerziellen Gebrauch

 

PS   10. Juni 2011