Vom Auswanderer zum Kreuzfahrer

 

 

 

Der Geburtshafen der Kreuzschiffahrt ist der Hamburger Hafen. Albert Ballin, der ehemalige Generaldirektor der Hamburger HAPAG erfand diese eher aus einer Notlage heraus.

 

 

 


Albert Ballin, 1914

 

 

 

Im Jahre 1847 wurde die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft von vierzig Firmen in Hamburg gegründet. Der Zweck der Gesellschaft war der regelmäßige Linienverkehr zwischen Hamburg und Nordamerika. Bereits 1856 wurde das erste Dampfschiff eingesetzt. Die Reederei expandierte zügig und profitierte vom Auswandererboom. Auf der Fahrt nach Nordamerika, hauptsächlich New York,  waren die Schiffe voll belegt mit Auswanderern. Auf der Rückfahrt wurde mit Fracht nach Europa auch Geld verdient. Schon bald wurde der lange Name der Reederei zu HAPAG verkürzt oder die Reederei Hamburg-Amerika-Linie genannt.

 

 

 

 

THURINGIA, 1909

 

Der Konkurrenzkampf im Auswanderergeschäft war groß und so übernahm die HAPAG mehrere kleinere Reedereien, so 1886 z.B. die Union-Linie. Die Geschäfte führte dort der erst fünfundzwanzigjährige Albert Ballin. Albert war das jüngste von 14 Geschwistern. Vater Ballin hatte 1852 in Hamburg eine der ersten Auswandereragenturen gegründet. Die Geschäfte dieser Agentur, Morris & Co., übernahm Albert  im Alter von 17 Jahren nach dem Tod des Vaters 1874. 1881 fusionierte Morris mit der Sloman-Linie und der Union-Linie.

 

 

 

 

MOLTKE, 1902

 

Albert Ballin wurde 1887 Passageleiter bei der HAPAG und führte den Schnelldienst Hamburg – New York ein. Bereits 1888 gehörte er dem dreiköpfigem Vorstand an.

 

 

 

 

Die DEUTSCHLAND bei Blohm + Voss in Hamburg

 

Seit jeher war der Auswandererstrom in den Wintermonaten gering und die Linienschiffe nicht ausgelastet und so entschloß sich Ballin, die Überkapazität an Passageschiffen während dieser Zeit für andere Zwecke einzusetzen. Nach seiner Idee veranstaltete die HAPAG ab 1891 auf eben diesen Schiffen von Southampton oder Dover zum Mittelmeer sogenannte “Bildungs- und Vergnügungsfahrten”, die sich großer Beliebtheit und zunehmender Nachfrage erfreuten. Das erste "zweckentfremdete" Schiff war die AUGUSTE VICTORIA, die 1891 zu ihrer ersten Kreuzfahrt aufbrach.

 

Hauptsächlich nutzten dieses Angebot Engländer, die das milde Klima dieser Jahreszeit in Südfrankreich und Italien bevorzugten.

 

 

 

 

DEUTSCHLAND in Dover

 

Es folgten in den nächsten Jahren richtige “Traumschiffe”, denn die aus dem Dienst genommenen Linienschiffe erwiesen sich schnell als ungeeignet. Bereits 1899 vergab Ballin den ersten Auftrag zum Bau eines Luxusliner an die Hamburger Werft Blohm + Voss. Die Kreuzfahrten kamen “en vogue”, nicht zuletzt durch das erste offizielle Kreuzfahrtschiff, die AUGUSTE VICTORIA.

 

 

 

 

VICTORIA LUISE mit weißem Anstrich, 1911

 

Zur gleichen Zeit entstanden nach Ballins Vorgaben auf den Amerikadampfern die Zwischendecks zum billigeren und einfacheren Auswanderertransport. Die Buchung von Zwischendeckpassagen erhöhte den Profit der Reedereien beträchtlich.

 

 

 

 

 Die ALBERT BALLIN auf der Fahrt nach New York, 1922

 

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Schiffe stets größer und schneller. Den Triumph, das Blaue Band des schnellsten Schiffes, hielt 1898 der Schnelldampfer KAISER WILHELM DER GROSSE des Norddeutschen Lloyd - der Konkurrenzlinie aus Bremen. Ballin hatte eine Reise nach New York auf diesem Schiff unternommen. Komfort und Wirtschaftlichkeit solcher Schnelldampfer konnten ihn nicht überzeugen. Trotzdem beschloß die HAPAG gegen seinen Willen den Bau des Schnelldampfers DEUTSCHLAND.

 

 

 

 

 Die ALBERT BALLIN am Steubenhöft in Cuxhaven, 1925

 

1900 lief die DEUTSCHLAND in Stettin auf der Vulcan Werft vom Stapel. Sie war mit 208 Metern Länge noch einmal größer als der NDL-Dampfer und der einzige deutsche Dampfer mit 4 Schornsteinen. Bereits bei der ersten Reise nach New York wurde das Blaue Band bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 23 Knoten erobert. Allerdings war für diese Geschwindigkeit eine Leistung von 38000 PS nötig. Die Dampfmaschinen verbrauchten dafür auf der 3100 Seemeilen lange Reise gut 4800 Tonnen Kohlen.

 

 

 

 

AMERIKA, 1905

 

Gleichzeitig waren die Vibrationen im Schiff so heftig, daß sich viele Passagiere beschwerten. Nach nur 15 Monaten Fahrt verlor die DEUTSCHLAND auf der Rückfahrt von New York das Ruder. Bei Blohm & Voss in Hamburg sollte der Schaden behoben werden. Es stellte sich heraus, daß wegen der starken Vibrationen nicht nur das Ruder verloren gegangen war, sondern auch der Hecksteven gebrochen war. Die Maschinen waren der hohen Belastung nicht gewachsen. Sie blieben stets sehr störanfällig und verursachten weiterhin starke Vibrationen.

 

 

 

 

KAISERIN AUGUSTE VICTORIA, 1906

 

Das war der Wendepunkt für Ballin und die HAPAG. Ab sofort lag die Priorität auf Komfort und nicht auf Geschwindigkeit. Bereits 1910 wurde die DEUTSCHLAND vom Liniendienst abgezogen. Die guten Ergebnisse der Kreuzfahrten führten zum Umbau der DEUTSCHLAND.

 

 

 

 

 BISMARCK, 1914. 
       1918 als Reparationsleistung nach England an die WHITE STAR LINE als MAJESTIC abgegeben

 

 

Gesellschaftssaal I. Klasse  der BISMARCK

 

 

Die ALBERT BALLIN 1924 auf der Elbe vor Hamburg-Blankenese

 

 

Mit 277,10 Meter Länge und 29,90 Meter Breite Vorstoß in neue Dimensionen: IMPERATOR 1913

 

Bisher hatte die DEUTSCHLAND über 2000 Passagiere befördern können. Jetzt wurden die Kabinen deutlich vergrößert und luxuriös ausgestattet. Die Decks wurden bis ins Heck verlängert und mehrere Salons und  Säle wurden eingebaut. Diesen Komfort genossen fortan nur noch 1300 Passagiere. Die Leistung der Maschinen wurde auf 17000 PS gedrosselt und die Vibrationen auf ein erträgliches Maß reduziert. Mitte 1911 war mit dem neuen Namen VICTORIA LOUISE und dem weißen Außenanstrich der Wechsel zum Kreuzfahrtschiff vollzogen.

 

 

 

 

202 Meter VICTORIA LUISE, 16800 BRT - 1900/1911
gegen
276 Meter VATERLAND, 54000 BRT - 1914

 

Bei Kriegsbeginn 1914 war die Hapag mit 175 Schiffen die größte Reederei der Welt.
Ballin hatte in den Jahren vor Kriegsbeginn vergeblich versucht, das Wettrüsten zu verhindern und einen friedenserhaltenden Dialog zwischen England und Deutschland aufrechtzuerhalten.

Bei Kriegsende 1918 sah er sein Lebenswerk zerstört. Mit Gift beendete er im Alter von 60 Jahren sein Leben.

 

 

 

 

Musikdampfer in Hamburg an den St. Pauli Landungsbrücken, um 1926  (Foto: Hafen Hamburg)

 

 

 

Der Begriff Kreuzfahrt hat übrigens überhaupt nichts mit den Kreuzfahrern, die vor rund 1000 Jahren das Christentum mit Schwert und Blut verbreiten wollten, zu tun.
Das Wort stammt aus der Segelschiffahrt und bedeutet ‘vor dem Wind kreuzen’.

 

 

 

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16.12.2006

 

 

 

 

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