Der Stückgutfrachter BLEICHEN damals und heute Stapellauf am 26. Juni 1958 

 

Am 26. Juni 1958 lief auf der Werft Nobiskrug GmbH, Rendsburg, das Frachtmotorschiff BLEICHEN, Bau-Nummer 607, für die Hamburger Reederei H. M. Gehrckens vom Stapel.

 

Der Neubau war 84,23 m zwischen den Loten lang, 12,3 m breit und konnte 2.200 t tragen. Die BLEICHEN wurde von einem 1.600 PS leistenden Deutz-Diesel angetrieben  und lief 12 Knoten. Die Reederei Gehrckens setzte ihre Schiffe hauptsächlich auf der Ostsee im Skandinavien-Verkehr ein. Damit die Schiffe das ganze Jahr über die Ostsee befahren konnten, verfügten sie über entsprechende Eisverstärkungen. So auch die MS BLEICHEN, die bis 1970 zum Transport von Papier zwischen Deutschland und Finnland eingesetzt wurde.

 

Der Stückgutfrachter BLEICHEN wurde ebenso wie das Schwesterschiff BORGESCH nach einer Hamburger Straße benannt. Die Besatzung bestand aus 22 Mann.

 

 

Im Jahr 1970 wurde sie nach Italien verkauft und hieß fortan CANALGRANDE. 1979 ersteigerte ein türkischer Reeder das Schiff und taufte es in ARCIPEL um. 1994 erhielt die ehemalige BLEICHEN wiederum einen neuen Namen. Unter OLD LADY war sie im Schwarzen Meer für den Transport von Massengut und Schrott eingesetzt. Nach 48 Jahren war das Schiff für die Reederei nicht mehr rentabel. Inzwischen hatten die Containerfrachter die Stückgutfrachter auf den Meeren abgelöst. Schiffe wie die MS BLEICHEN hatten längere Liegezeiten in den Häfen, da das Löschen von Stück- oder Massengut durch die relativ kleinen Luken wesentlich zeitaufwendiger war als das Löschen von Containern, denn je nachdemwas geladen worden war, dauerte beispielsweise das Löschen von 2.000 Tonnen Ladung drei Tage und so sollte sie nach 48 Dienstjahren stillgelegt und verschrottet werden.

 

2006 wurde die Stiftung Hamburg Maritim auf den alten Stückgutfrachter aufmerksam und beschloß, die OLD LADY vormals BLEICHEN von der türkischen Reederei für den Kaufpreis von EURO 450.000 -der durch Spenden aufgebracht worden war- zu kaufen und nach Hamburg zu überführen. Das Schiff war in einem guten Zustand und größtenteils unverändert, was wiederum auf die hohe Qualität der Schiffsausrüstung zurückzuführen war.

 

 Bugansicht der MS BLEICHEN an ihrem Liegeplatz,  den 50er Schuppen in Hamburg,...

 

Nach dem Kauf wurde das Schiff noch in der Türkei inspiziert und wieder in den Farben der Reederei Gehrckens lackiert. Im Januar 2007 kehrte der Stückgutfrachter auf dem Seeweg nach Hamburg zurück. Wegen schlechten Wetters besonders in der Biscaya, hier wurde zeitweise nur mit 6 Knoten (12 km/h) gefahren - mehr wollte die Schiffsführung der alten Dame im Sturm nicht zumuten, verzögerte sich die Ankunft  der MS BLEICHEN auf den 30. Januar 2007. Am 27. April 2007  wurde die OLD LADY wieder auf ihren alten Namen BLEICHEN umgetauft.

 

  ...und die Heckansicht

 

Seit ihrer Ankunft in Hamburg liegt die BLEICHEN  im Hamburger Freihafen.  Seitdem wurde intensiv an der technischen Instandsetzung und denkmalgerechten Restaurierung des Frachters gearbeitet. Der extra hierfür gegründete Verein „Freunde des Stückgutfrachters BLEICHEN e.V.“ engagiert sich mit vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern, um das historische Schiff auf Vordermann zu bringen.

 

 Ladegeschirr des vorderen Laderaumes vor der Kommandobrücke

 

Zum 50. Geburtstag der MS BLEICHEN hat die Stiftung Hamburg Maritim kein glanzvolles Fest mit hohen politischen Würdenträgern geplant sondern eher ein kurzes Innehalten bei dem auf mehrere Jahre angelegten Restaurierungsprojekt. „Es ist ein Wunder, daß dieser alte Stückgutfrachter annähernd 50 Betriebsjahre fast unverändert überstanden hat. Wir sind stolz, daß es unserer Stiftung gelungen ist, ihn vor der Verschrottung zu retten“, so Joachim Kaiser, Vorstandsmitglied der Stiftung Hamburg Maritim. „Aber ohne die fabelhafte Unterstützung unserer zahlreichen Spender und Sponsoren wäre das nie geglückt!“

 

 Blick auf  Vorschiff und Laderaum

 

 Schornstein auf dem Heckaufbau

 

 Nach 50 Jahren ist nahezu alles im Original erhalten - aber stark restaurierungsbedürftig

 

 Der Maschinenraum mit der Deutz-8-Zylinder-Hauptmaschine

 

 Die Verbindung zur Außenwelt - Standard im Funkraum vor 50 Jahren

 

 Der Kartenraum. In den Schubladen befinden sich die Seekarten der befahrenen Gebiete

 

 Der Maschinentelegraf

 

 elektrisch betriebene Winsch für den vorderen Backbord-Ladebaum

 

 Die Ankerwinsch

 

Die BLEICHEN zieht als Museumsschiff heute schon viele Besucher an. Sie ist Teil des Hafenmuseums Hamburg, das die Stiftung gemeinsam mit dem Museum der Arbeit betreibt. An dem Geburtstags-Wochenende 28. / 29. Juni 2008  wird auf MS BLEICHEN Güterumschlag mit dem bordeigenen Ladegeschirr vorgeführt, wobei auch historische Hafenkräne, Eisenbahnwaggons und die 50er Schuppen einbezogen werden.

 

 Der Laderaum mit Stückgut zur Vorführung des Güterumschlags

    

 Die Säcke werden mit dem bordeigenen Ladegeschirr gehoben und...

 

  ... am Kai gelöscht.

 

Triebfeder für das Engagement der vielen ehrenamtlichen Mitglieder aber ist der Traum, mit der sanierten BLEICHEN dereinst wieder in See stechen zu können – vielleicht mal wieder Kurs Finnland.

 

Technische Daten:
Länge über alles: 93,3 m (Lpp 84,3 m)
Breite: 12,3 m
Tiefgang: 4,69 m
BRZ: 2129 BRT
Seitenhöhe bis Oberdeck: 7,20 m
Leistung der Maschinenanlage: 1324 kW
Anzahl der Wellen: 1
Geschwindigkeit: 12 kn
Tragfähigkeit (tdw): 2200

 

 

 

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PS 27. Juni 2008