21. Okotber 2008

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

CITROËN 2CV- Die ENTE
Herzlichen Glückwunsch zum Sechzigsten

 

Vom Nutzfahrzeug zum Lifestyle-Modell

 

Die Idee, ein Auto mit  minimaler Ausstattung zu entwickeln, kam Citroën-Chef Pierre-Jules Boulanger im Jahr 1934 nach einem Besuch auf dem Lande in der Auvergne, als er sah, daß die Bauern nach wie vor ihre Ochsenkarren als Transportmittel benutzten.

 

Seinem Konstrukteur André Lefèbvre erteiltet er den Auftrag, ein Auto zu entwerfen, das Platz für zwei Bauern,  ein Faß Wein und einen Korb Eier hat. Das Auto sollte mindestens 60 km/h schnell sein und nur 3 Liter Benzin auf 100 Kilometer verbrauchen. Es sollte einfach zu bedienen sein, damit selbst ungeübte Fahrer mit dem Fahrzeug zurecht kämen. Da dieses Auto auch schlechteste Wegstrecken und holprige Feldwege bewältigen mußte, sollte es über eine ausgesprochen gute Federung verfügen, damit die zu transportierenden Waren und natürlich auch die Bauern keinen Schaden nahmen. Das Aussehen des Autos war zweitrangig, wichtig war allerdings, daß das Fahrzeug billiger sein sollte als das Citroën Modell TRACTION AVANT.

 

Das auf diese Anweisung hin entwickelte Auto bekam die interne Abkürzung TPV oder "toute petite voiture" – "sehr kleines Auto" - und sollte  zum Pariser Salon 1939 erscheinen.

 

 Prototyp  2CV, 1939 - deutlich sichtbar die Anlasserkurbel                                   Copyright: Guyot

 

Durch den Ausbruch des 2. Weltkriegs kam es dazu allerdings nicht, obwohl bereits im Mai 1939  250 wassergekühlte Prototypen des TPV mit nur einem Scheinwerfer und einer spärlichen Innausstattung  gebaut worden waren. Der TVP besaß keinen Anlasser und mußte mit einer Kurbel gestartet werden. Neben nur einem Scheinwerfer besaß er auch nur ein Rücklicht und keine Winker, so erfüllte der TVP  in Frankreich den gesetzlichen Mindeststandard  für die Beleuchtung. Ebenso verfügt der Prototyp über nur einen Scheibenwischer, der von der Tachowelle angetrieben wurde. Wenn der Scheibenwischer im Stand wischen sollte, konnte er mit Hilfe eines Handrads betätigt werden. Auf Außenspiegel wurde auch verzichtet. Die Sitze waren nicht gepolstert, sondern bestanden aus Metallrohren, die mit Segeltuch bespannt wurden.

 

Boulanger ließ während des zweiten Weltkriegs fast alle Exemplare zerstören, um seine Neuentwicklung geheim zu halten. Trotzdem begann bereits 1939 der spätere Citroën-Designer Flaminio Bertoni, sich Gedanken über ein ansprechenderes Design des Autos zu machen.

 

Erst am 7. Oktober 1948 konnte dann der 2CV,  ein im Vergleich zum TPV komplett überarbeitetes Modell mit einem luftgekühlten Motor, auf dem Pariser Autosalon der Weltöffentlichkeit vorgestellt werden. Er erlebte eine komplette Bruchlandung.

 

  Motor Prototyp 2CV von 1941                                                                           Copyrights : Guyot

 

Das anspruchsvolle Premierenpublikum, gewöhnt an die Oberklasse-Noblesse eines TRACTION AVANT, war schockiert von der Einfachheit des 2CV.

 

 Der komfortableTraction AVANT 11 "légère", Baujahr 1947.

 

Von allen Seiten wurde die Neuvorstellung des französischen Autobauers mehr oder weniger verspottet.  “Blechbüchse” oder “Scherz auf Rädern” waren nur einige Bezeichnungen, die für den 2CV gefunden wurden.

 

Der Name 2CV leitete sich von dem französischen Kraftfahrzeug-Steuersystem ab und steht für "Deux Chevaux Vapeur", in das allerdings nicht nur die Motorleistung (PS) mit einfließen, sondern auch die Anzahl der Gänge, die Reifengröße und die Getriebeübersetzung.

 

Ihren Spitznamen ENTE soll sie durch einen niederländischen Jornalisten erhalten haben, der 1948 bei dem Anblick der Karosserie vom "hässlichen Entlein" sprach. In Frankreich wurde sie aber immer nur „deux cheveaux“ genannt, einzig Citroën Deutschland übernahm sehr viel später den Spitznamen ENTE für dieses Modell.

 

1949 wurde die Serienproduktion aufgenommen. Nachdem der „deux cheveaux“  am Anfang belächelt worden war, wurde er dann aber doch zum Erfolg für Citroën. Und heute - sechzig Jahre später - hat der 2CV Kultstatus.
In den ersten zehn Jahren ihrer Produktion gab es die ENTE nur in einer Farbe: grau. Trotzdem war sie in den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts so gefragt, daß die Lieferzeiten bis zu sechs Jahre betrugen.

 

Ein Grund für den Erfolg der ENTE waren mit Sicherheit auch die günstigen Anschaffungs- und Unterhaltungskosten. Das De-Luxe-Modell kostete 1963 beispielsweise 3.600 DM, was in etwa dem Kaufpreis eines VW Käfers entsprach.
In Deutschland wurde die ENTE bevorzugt von Studenten gekauft, die damit zum Ausdruck bringen wollten, daß Statussymbole der Vergangenheit angehörten.

 

2CV Export 1967

 

Der 2CV wurde von einem luftgekühlten Zweizylinder-Boxermotor angetrieben, hatte anfangs 9 PS und einen Hubraum von 375 cm³. Er konnte eine Höchstgeschwingkeit von 70 km/h erreichen. In den Jahren 1955 wurde die PS-Leitsung auf 12 und der Hubraum auf 425 cm³ erhöht und 1963 noch einmal auf 16 PS. Eine etwas stärkere Version  - mit 21 PS, 602 cm³ und einem verstärkten Fahrwerk -  wurde 1966/67 in dem belgischen Citroën-Werk gefertigt. Der Motor stammte aus dem AMI 6.

 

  2CV, Baujahr 1966,  unterwegs auf holprigen Feldwegen

 

 2CV 4X4 Sahara 1960

 

In den Jahren 1970 bis 1986 erschienen weitere Varianten mit stärkeren Motoren, so der 2CV4 mit 23 PS und 435 cm³ bei 7000 U/min, der allderdings 1978 wieder eingestellt wurde; oder der 2 CV6 mit Anfangs 28 PS und einem 602 cm³ Motor, später ab 1976 mit 25 PS bei 5750 U/min, dann ab 1980 mit 29 PS bei 6750 u/min . Allen Modell genügte Normalbenzin. Bei den älteren Modellen lag der Benzinverbrauch bei 5 - 7 Liter auf 100 Kilometern, später wurde dann doch die 8 Liter Grenze überschritten. Aber die Höchgeschwingkeit erhöhte sich dann auch auf 120 km/h.

 

Eine weitere Besonderheit war die Handkurbel. Sie diente zum Starten des Motors bei Versagen des Anlassers oder der Batterie. Gleichzeitig konnte man mit der Handurbel den Wagenheber bedienen, die Radmuttern lösen oder die vorderen Kotflügel abschrauben.

 

Die Zündanlage unterschied sich von anderen dadurch, daß an der Zündspule zwei Ausgänge für die Weiterleitung der Hochspannung zu den Zündkerzen angebracht  und die Unterbrecherkontakte nicht in einem Verteiler untergebracht  waren. Es gab keine Verteilerwelle, sondern die Nockenwelle funktionierte gleichzeitig als Verteilerwelle.

 

 

Das mechanische Getriebe des Prototyps  hatte drei Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang. Die ersten Serienmodelle wurden mit einem sogenannten Schnellgang ausgerüstet, der sich nur vom 3. Gang aus zuschalten ließ. Später, bei den 16 PS Modellen bekam der 2CV ein normales 4-Gang-Getriebe, d.h. der Schnellgang wurde zum 4. Gang. Der 1. Gang war nicht synchornisiert. Geschaltet wurde der 2CV mit der berühmten Revolverschaltung, die rechts neben dem Aramaturenbrett angebracht war.

 

Beim Design des 2CV wurde auf Schönheit oder elegante Formen kein Wert gelegt. Der viertürige Stahlaufbau ist nicht selbsttragendend, sondern mit dem Fahrgestell verschraubt. Gleiches gilt für die Anbauteile. Die Scharniere etwa von Türen und Haube bestanden aus  Blechfalzen. Das Dach ist ein faltbares Vinylverdeck.

 

Hintergrund für diese einfache Bauweise war die kostengünstige Produktion. Sie hatte aber den Nachteil, da? auch die Qualität darunter litt. So hatte der 2CV immer mit Rostbefall zu kämpfen.

 

Eine weitere Besonderheit der ENTE war ihre Federung. Durch Veränderung der Länge der Zugstange, konnte die Fahrzeughöhe teils erheblich verändert werden. 

 

 Bei solchen Fahrten kommt die besondere Federung der ENTE zum Tragen

 

Sereinmäßig fuhren die ENTEN mit 125 mm breiten Reifen auf 15 Zoll großen Stahlfelgen. Befestigt waren die Felgen mit nur 3 Radmuttern. Der Vorderradantrieb und die großen dünnen Reifen trugen zu den guten Fahreigenschaften auf holprigen Feldwegen und im Schnee bei.

 

 2CV Spot 1976

 

Oft wurde sie in den letzten Jahrzehtnten totgesagt. Zum ersten Mal 1967, als ihr Nachfolger der Citroën Dyane auf den Markt gebracht wurde. Aber sie überlebt sie alle:  Dyane, Ami 6, LN und Visa.
In den Siebziger und Achtziger Jahren legte Citroën Sondereditionen von der ENTE auf. Dazu gehört auch die legendäre CHARLESTON-ENTE. Sie war mit ihrer schwarz-weinroten Lackierung, den verchromten Radkappen und den runden Scheinwerfern dem Stil der Zwanziger Jahre nachempfunden. Außerdem war sie die erste ENTE, die über Scheibenbremsen an den Vorderrädern verfügte. Dieses Sondermodell wurde ein großer Erfolg, so daß es ab 1982 auch in einer zweiten Farbkombination - schwarz-gelb - angeboten wurde. 1984 wurde die schwarz-gelbe Version aus dem Programm genommen. An ihre Stelle trat eine weitere Farbkombination: nachtgrau-nebelgrau.

 

 2CV 6 Charleston 1985                                                                                      Copyrights : Leligny

 

Auch in Filmen wurde auf die ENTE nicht verzichtet. 1981 war sie bei einer Verfolgungsjagd in dem James Bond Film "In tödlicher Mission" mit Roger Moore zu sehen und kam danach für die Fans als 007-Variante auf den Markt. Weitere Filmauftritte hatte sie u.a. in einigen Filmen mit Louis de Funes, wo eindeutig die damals von Citroën-Chef Pierre-Jules Boulanger verlangten Fahreigenschaften zum Tragen kamen.

 

 2CV Special 1980                                                                                                Copyrights : Bloch

 

Im Februar 1989 lief die letzte ENTE im französischen Citroën-Werk Levallois vom Band. In dem portugiesischen Citroën-Werk Mangualde wurde sie noch bis zum  27. Juli 1990 gefertig.
Insgesamt wurden 5 Millionen 2CV produziert. Zur Zeit wird in Paris der ENTE in einer Sonderausstellung gedacht, die noch bis Ende November 2008 zu sehen sein wird. Das “hässliche Entlein” von damals hat sich in sechzig Jahren zum Kultauto entwickelt, daß heute zu Lieberhaberpreisen gehandelt wird. 
Herzlichen Glückwunsch!

 

 

 

ps  21. Oktober 2008

 

© reflektion.info / Fotos: wenn nicht anders erwähnt  ©Citroën Communication
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