HARLEY-DAVIDSON  
seit mehr als einem Jahrhundert wegweisend

 

Wir schreiben das Jahr 1903. In Serbien wird der rußlandfreundliche Peter I. neuer König, nachdem das Königspaar in Belgrad ermordet worden ist. In Kolumbien trennt sich der Teilstaat Panama ab und verpachtet den USA den zum Bau des gleichnamigen Kanals benötigten Landstreifen. Den Brüdern Wilbur und Orville Wright gelingen im amerikanischen Kitty Hawk mehrere kontrollierte Motorflüge - der längste mit einer Dauer von 59 Sekunden. Sie werden ihre Flugkünste weltweit vorführen. In Paris startet die erste Tour de France. In der Südsee stirbt der Maler Paul Gauguin.

 

In einem Hinterhof der amerikanischen Stadt Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin stellen die Davidson-Brüder Walter und Arthur zusammen mit William "Bill" Harley in jenem Jahr ihr erstes Motorrad fertig. Arthur Davidson ist Modellschreiner, Bill Harley technischer Zeichner - beide sind passionierte Tüftler, fasziniert von den Möglichkeiten der aufkommenden Motorisierung. Mit den Vorarbeiten begannen  sie schon zwei Jahre zuvor, doch erst nachdem auch Walter Davidson, Eisenbahn-Maschinist von Beruf, sich zum Mitmachen überreden ließ, wird aus den ambitionierten Basteleien die ernsthafte Konstruktion eines serientauglichen Motorrads.

 

Die drei zimmern sich auf dem Grundstück des Davidson-Elternhauses in der 38. Straße, Ecke Highland Avenue eine Bretterbude zusammen, pinseln "Harley-Davidson Motor Co." auf die Tür und beginnen mit der Produktion - nach Feierabend und am Wochenende. In diesem ersten Jahr verlassen bereits drei Harley-Davidson Motorräder die winzige "Fabrik".

 

 

Nicht von ungefähr hören sie auf den Namen SILENT GREY FELLOW. Die drei Zweiradpioniere haben ihren treuen "Gefährten" grau lackiert und er arbeitet für seine Ära recht leise. Sein Motor hat einen Zylinder mit 400 cm³ Hubraum, knapp drei PS, ein atmosphärisch gesteuertes Einlassventil - das so genannte "Schnüffelventil" -  und Riemenantrieb. Das Motorrad verfügt, wie damals üblich, über keine Kupplung, kein Getriebe und keine Federung, wird dafür aber in grundsolider Handarbeit hergestellt. Von Beginn an wartet der SILENT GREY FELLOW mit einer außerordentlich hohen Zuverlässigkeit auf - überaus wichtig in einem Land, in dem unendlich lange Distanzen auf einsamen und schlechten Straßen zu überbrücken sind. Entsprechend groß ist die Nachfrage in jenen ersten Tagen der Motorisierung. Mithin müssen die drei expandieren. Schon 1904 verdoppeln sie die Grundfläche ihres Schuppens und produzieren immerhin bereits sechs Motorräder.

 

SILENT GREY FELLOW, erinnert mehr an ein Fahrrad, aber dennoch ist es das erste serientaugliche Motorrad von Harley Davidson

 

In punkto Design greift den jungen Konstrukteuren Bills Tante Janet Harley, eine künstlerisch ambitionierte Frau, unter die Arme. In klassischen Lettern, Rot und Gold malt sie die beiden Familiennamen auf den Tank des SILENT GREY FELLOW. Wenngleich die Formgebung der Ur Harley noch stark an ein Fahrrad erinnert, folgt sie doch bereits konsequent der Funktion - ein Grundsatz, der sich auch in späteren Zeiten nicht ändern soll. Dem SILENT GREY FELLOW steht eine große Zukunft bevor. Es soll sich herumsprechen, daß die erste produzierte Harley-Davidson binnen zehn Jahren 100.000 Meilen zurücklegen wird. 15 Jahre lang wird Harley-Davidson das Modell herstellen. Doch greifen wir der Geschichte nicht vor.

 

Im Jahr 1905 zieht die Firma in die 27. Straße, Ecke Chestnut Street in ein zweigeschossiges Holzgebäude mit 200 qm Grundfläche. Ein Verwandter leiht den drei Firmengründern das für den Umzug notwendige Geld. Gleichzeitig wird der "Silent Grey Fellow" systematisch verbessert: Bill Harley konstruiert eine Springergabel als Vorderradfederung, und die Maschine erhält einen Spannriemen-Mechanismus, der wie eine Kupplung wirkt. Die sorgfältige Arbeit der drei Konstrukteure verhilft ihrem Motorrad zum Erfolg. Nach und nach geben sie ihre alten Berufe auf, um sich voll und ganz auf ihren eigenen Betrieb zu konzentrieren.

 

Walter Davidson im Jahr 1908

 

Zwei Jahre später ist die Firma schon so weit gewachsen, daß sich die Gründer für die Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft entscheiden und die "Harley-Davidson Motor Company Incorporated" ins Handelsregister eintragen lassen. Nun überreden die drei auch noch den dritten Davidson-Bruder William, in das Unternehmen einzusteigen. Die Jahresproduktion steigt auf 150 Motorräder.

 

 Die  Firmengründer im Jahr 1907

 

Im Jahr 1909 verläßt das Modell "61" die erneut vergrößerte Fabrik, in der inzwischen 35 Angestellte arbeiten, die in diesem Jahr 1.149 Motorräder fertig stellen. Das Modell "61", benannt nach seinem Hubraum von 61 cubic inch, ist das erste Harley-Davidson Motorrad mit dem bis heute typischen 45°-V2-Motor, der sich im Laufe der kommenden Jahrzehnte zum Markenzeichen entwickeln soll. Ausgestattet mit derselben Technik wie der Einzylinder, lässt der V2, den es bald wahlweise mit 870 cm³ oder mit 1.000 cm³ Hubraum gibt, seine Erbauer nicht ruhen. Vor allem Bill Harley, der inzwischen ein Ingenieurstudium absolviert hat, arbeitet ständig an der Weiterentwicklung der Motorräder. Zwei Jahre später kann es der nun mit Kupplung, Kettenantrieb und mechanisch gesteuerten Einlassventilen aufgewertete Big Twin am inzwischen gut bestückten Motorradmarkt technisch mit allen Konkurrenten aufnehmen - auch mit den Modellen des Marktführers Indian. Die Jahresproduktion von Harley-Davidson steigt auf 5.625 Motorräder.

 

Werbeplaket aus dem Jahr 1910

 

1913 wird zu einem der Meilensteine in der Harley-Davidson Geschichte. Die Inhaber beschließen, nun auch nach Europa zu exportieren.  In Großbritannien wird die erste Auslandsniederlassung eröffnet. Außerdem engagiert sich Harley-Davidson von nun an auch im Motorsport. Bill Ottaway avanciert zum Leiter der neugeschaffenen Rennabteilung. Unter seiner Regie fährt Harley-Davidson eine große Anzahl von Siegen in den damals sehr populären Dirt-Track- und Board-Track-Rennen ein. Diese Erfolge kurbeln den Verkauf weiter an und sorgen für zahlreiche Verbesserungen im Serienbau.

 

William Ottaway

 

Werbeplaket aus dem Jahr 1915

 

 Board Tack Racer

 

Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs erkennt man in Milwaukee, daß eine moderne Kriegsführung auch nach Motorrädern verlangt. Obwohl die USA nur ein Jahr lang am Krieg beteiligt sind, verläßt 1917 jedes zweite Motorrad das Harley-Davidson Werk als Militärmaschine. Nach dem Krieg erweitert Harley-Davidson seine Produktionsstätten erneut, um endgültig Marktführer in den USA zu werden.

 

Erster Weltkrieg: Harley-Davidson Militärmaschine in Deutschland

 

 Harley-Davidson Fabrikgebäude um 1916

 

Das Ziel ist 1920 erreicht: Mit 28.980 verkauften Motorrädern und mehr als 2.000 Mitarbeitern gilt Harley-Davidson nun nicht nur als amerikanischer Marktführer, sondern sogar als größter Motorradhersteller der Welt. Die Firma exportiert in 67 Länder, und die monatlich erscheinende Hauszeitschrift "The Enthusiast" erreicht eine Auflage von 50.000 Exemplaren.

 

Titelblatt THE ENTUSIAST 1924

 

In dieser Zeit investiert Harley-Davidson intensiv in den Rennsport, und das sportliche Einzylinder-Modell BA erhält erstmals den für die Company später typischen, tropfenförmigen Tank im Streamline-Design. Außerdem bietet Harley-Davidson bereits eine Vielzahl unterschiedlicher Ausstattungsvarianten an, um die individuellen Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen.

 

 Board Tack Rennen im Jahr 1928

 

Zu Beginn der Zwanziger Jahre stürzt der wachsende Wohlstand der Bevölkerung die gesamte Motorradbranche in die Krise - das Zweirad ist als Nutzfahrzeug nicht mehr gefragt. Beinahe jeder Amerikaner kann sich inzwischen ein Auto leisten oder spart zumindest darauf. So bricht unter den Motorradherstellern ein erbitterter Verdrängungswettkampf aus, den Harley-Davidson nicht zuletzt Dank des 1922 präsentierten, 1200 cm³ großen Modells "74" knapp übersteht.

 

Doch es soll noch schlimmer kommen. Am Ende der Zwanziger Jahre beutelt die Weltwirtschaftskrise alle Industrienationen. Obwohl fast ein Drittel aller amerikanischen Werktätigen ohne Job ist und viele Firmen für immer die Tore schließen, gelingt es Harley-Davidson zu überleben, ohne die Belegschaft drastisch zu reduzieren: Das Rezept heißt Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Aber auch die solide Unternehmensführung sichert den Fortbestand: Ein strenger Sparkurs, eine straffe Händlerpolitik und ein konsequentes Management sichern der Motor Company auch dann noch finanzielle Unabhängigkeit und Liquidität, als anderen Firmen die Luft ausgeht. Fortan wird das Motorrad als Luxus- und Freizeitgerät vermarktet, die Modellpalette technisch wie optisch aufgewertet.

 Der Motorrad-Club Bue Comet nutzt das Motorrad als Luxus- und Freizeitgerät

 

Die Zweizylinder erhalten im Laufe der kommenden Jahre wahlweise ein Drei- oder Vierganggetriebe, eine Vorderradbremse und eine Diebstahlsicherung. Außerdem erstrahlen die Motorräder in einer Zwei- oder sogar Dreifarbenlackierung. Die anspruchsvolle Farbgebung im Art-Deco-Stil und die liebevoll gestalteten Details läuten die Ära der heutzutage bei Harley-Davidson so selbstverständlichen, immer noch sehr aufwendigen Oberflächenbehandlung ein. In technischer Hinsicht wird die Produktpalette der bislang mit wechselgesteuerten Motoren ausgerüsteten Modelle durch die "45" ergänzt, die mit einem seitengesteuerten 750 cm³-Motor ausgestattet ist.

 

 Harley-Davidsons erster wechselgesteuerter Motor

 

Im Jahr 1930 erhält auch der Big Twin diese Ventilsteuerung. Wegen des bauartbedingt flachen Zylinderkopfes werden die Modelle von den Motorradfahrern schon bald FLATHEAD (Flachkopf) genannt. In der Folgezeit fließen eine Reihe von Modifikationen und Verbesserungen in die Entwicklung ein, zum Beispiel eine von Hand einstellbare Gabelfeder, Leuchtanzeigen für Ladestrom und Öldruck, eine leistungsstärkere Batterie, Aluminiumkolben und manches mehr.

 

Auch Frauen fanden Gefallen an den Motorädern, hier auf einer FLATHEAD

 

Zwei Jahre später unternimmt die Company schließlich einen vielversprechenden Versuch, das Motorrad doch noch als Arbeitsgerät zu vermarkten. Das dreirädrige Service-Car, das vom kleinen Twin angetrieben wird, ist als Liefer- und Polizeifahrzeug tatsächlich sehr erfolgreich. 1934 geht die Ära der Einzylinder bei Harley-Davidson bis auf Weiteres zu Ende. Man konzentriert sich fortan auf die Weiterentwicklung der V2-Motoren.

 

 Service Car

 

 Police bikes

 

Im Jahr 1936 erscheint ein ebenfalls seitengesteuerter V-Twin mit 30 PS Leistung und 80 Cubic Inch Hubraum - das entspricht 1.340 cm³, einem bis dahin bei Motorrädern nicht da gewesenen Hubraum. Es handelt sich um eine aufgebohrte Version der "74". Die alte "61" erhält hingegen einen neuen, kopfgesteuerten Motor, der 36 PS leistet und das Motorrad auf bemerkenswerte 145 km/h beschleunigt. Da die Form der Zylinderköpfe dieses neuen Motors an die Knöchel einer Faust erinnert, taufen die Fans den Motor "Knucklehead". Beide Modelle sorgen bei ihrem Erscheinen für großes Aufsehen. Einer der Firmengründer indes kann den Erfolg des Knucklehead V-Twins nicht mehr miterleben: 1937 stirbt William, der in Schottland geborene, älteste der Davidson-Brüder und Vizepräsident der Company, der selbst nie ein Motorrad fuhr, nach kurzer Krankheit in Milwaukee. Seine Nachfolge als Produktionschef tritt Bill Ottaway an.

 

 Produktionshalle: die Firmengründer begutachten eine KNUCKLEHEAD

 

Werbeanzeige für das K Modell

 

 Unterwegs auf KNUCKLEHEAD

 

Der muß sich schon bald auf eine neue Kriegsproduktion einstellen: 1941 treten die USA in den Zweiten Weltkrieg ein. Die Fabrikation der im selben Jahr vorgestellten 74er Knucklehead, der ersten 160 km/h schnellen Harley-Davidson, kommt deshalb gar nicht erst auf Touren, denn das Werk produziert während der Kriegsjahre anstelle der Zivilmodelle fast 100.000 Militärmaschinen. Diese mit ungeheuren Kraftanstrengungen verbundene Expansion ist zuviel für die ohnehin durch ein Leberleiden angeschlagene Gesundheit von Walter Davidson.

 

 Eine von fast 100.000 produzierten Militärmaschinen für den 2. Weltkrieg

 

1942 stirbt der Präsident im Alter von 65 Jahren. Sein Nachfolger ist William Davidson jun., gelernter Betriebswirt und begeisterter Motorradfahrer. Bereits ein Jahr später trifft das Unternehmen der nächste Schlag. William "Bill" Harley erleidet an der Bar eines Clubs in Milwaukee einen Herzanfall, den er nicht überlebt. Er, der als besessener Konstrukteur technisches Wissen mit planerischer Abstraktionsfähigkeit zu verbinden wußte, darf als der eigentliche Vater der ersten Harley-Davidson Modelle bezeichnet werden. Sein Tod ist ein großer Verlust für das Unternehmen. Zunächst wird Bill Ottaway sein Nachfolger, später sein Sohn William J. Harley, der schon zwei Jahre als Assistent seines Vaters gearbeitet hat.

 

Aller Rückschläge zum Trotz geht es weiter. 1948 werden beide Big-Twin-Modelle mit einem neuen ohv-Triebwerk ausgerüstet, das bald den Spitznamen "Panhead" erhält, weil die Zylinderkopfdeckel an umgedrehte Pfannen erinnern.  Aber auch der neue V2 ändert nichts daran, daß schwere Zeiten für Harley-Davidson anbrechen. Erreicht die Jahresproduktion 1948 noch 31.136 Maschinen, so sinkt sie in den Fünfzigerjahren zeitweise unter 10.000 Einheiten, während die Entwicklungsabteilung fieberhaft an einem neuen Sportmotorrad arbeitet.

 

 PANHEAD SPINGER 74 FL aus dem Jahr 1948

 

Ein erster Schlag trifft das Familienunternehmen gleich zu Beginn der Fünfziger Jahre: Der letzte der vier Firmengründer kommt bei einem Autounfall ums Leben. Schuld ist ironischerweise ein Motorradfahrer, der aus der Kurve getragen wird und frontal gegen das Auto von Arthur Davidson und seiner Frau prallt. Arthurs Nachfolge als Vertriebschef tritt sein Neffe Walter Davidson jun. an. Auch auf ihn wartet eine harte Aufgabe, denn Harley-Davidson steuert gerade auf seine zweite große Krise zu. Schuld daran sind nicht zuletzt die Spätfolgen des Krieges, die zu einer eingeschränkten Rohstoffversorgung, zusammengebrochenen Exportmärkten und zu einer starken Konkurrenz ausländischer Produkte auf dem einheimischen Markt geführt haben. Dennoch arbeitet das Unternehmen emsig an der Weiterentwicklung seiner Motorräder.

 

1953 verbleibt Harley-Davidson als letzte amerikanische Motorradmarke, nachdem Indian die Pforten schließen muß. Vier Jahre später wartet Harley-Davidson mit einem völlig neuen Motorrad auf: Die Sportster, Typenkürzel XL, erblickt das Licht der Motorradwelt. Sie besitzt ein modernes Fahrwerk mit Telegabel vorne und Federbeinen hinten sowie einen ohv-Motor mit 883 cm³ Hubraum, der 55 PS leistet.

 

1956 Elivis Presley auf seiner Harley

 

Sportster aus dem Jahr 1957

 

1958 erhält die bis dahin mit ungefedertem Hinterrad gelieferte Hydra Glide eine hydraulisch gedämpfte Hinterrad-Federung und heißt fortan Duo Glide. Nun verfügt Harley-Davidson wieder über eine äußerst konkurrenzfähige Modellpalette.

 

 DUO GLIDE Baujahr 1958

 

Hoffnungsfroh startet das Unternehmen in die Sechziger: Man erwirbt fünfzig Prozent der Anteile des italienischen Unternehmens Aermacchi. Die Aermacchi-Harley-Davidson S.A. vertreibt die Scrambler, ein Motorrad mit hohem Lenker und grobem Reifenprofil, außerdem wird der Motorroller namens Topper verkauft. Wenig später entschließt sich das amerikanische Stammhaus, zusätzlich noch die Tomahawk Boat Company aufzukaufen. Mitte der Sechziger Jahre benötigt Harley-Davidson mehr Kapital, um weitere Pläne zu realisieren. Die Company wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.

 

 Motoroller TOPPER aus dem Jahr 1960

 

Die Techniker bleiben in dieser Zeit nicht untätig. Sie statten beispielsweise die Duo Glide mit einem elektrischen Anlasser aus: Die Electra Glide ist geboren, ein weiterer Grundstein für die vollausgestatteten, komfortablen Tourer oder Dresser der Zukunft ist gelegt.

 

 Die legendäre ELECTRA GLIDE aus dem Jahr 1965

 

1966 renoviert Harley-Davidson den Big Twin grundlegend: Neue Zylinderköpfe mit überarbeiteten Kanälen, kompaktere Brennräume und neue Nockenwellen führen zu einer spürbaren Leistungssteigerung. Die neuen Zylinderkopfdeckel erinnern jetzt an das umgedrehte Blatt einer Schaufel, weshalb der neue Motor von den Harley-Fans "Shovelhead" genannt wird.

 

Der 1966 aus dem Big Twin neu entwickelte, von den Fans Shovelhead genannte Motor.

 

Drei Jahre später sucht Harley-Davidson wegen des immer noch sehr hohen Kapitalbedarfs einen starken Partner. Die Firma wird in die American Machine and Foundry Company (AMF) eingegliedert, einen großen Mischkonzern, der kapitalkräftig genug ist, die alten Produktionsstätten in Milwaukee zu modernisieren und mit Millionenaufwand eine neue Fabrik in York, Pennsylvania, zu bauen. Das Schicksal und die Eingriffe von AMF in die Entscheidungsfreiheit der alten Unternehmensführung wollen es, daß bei Harley-Davidson schon bald neue Besen kehren.

 

Im Jahr 1971 stirbt William Harley jun. an Diabetes, und noch im selben Jahr verläßt Walter Davidson das Unternehmen. Neben seinem Vater ist William G. Davidson nun der letzte Spross der Gründerfamilie. Ihm läßt das AMF-Management immerhin viel Freiheit bei der Konzeption neuer Modelle. "Willie G.", ein echter Biker mit direktem Draht zur Basis, weiß, wie ein neues Modell aussehen muß: Es entsteht die Super Glide, eine Mischung aus Sportster und Electra Glide, die anfangs noch recht sportlich, nach den ersten Retuschen aber wie ein echter Chopper daherkommt. Damit ist die Baureihe der Factory-Custom-Motorräder begründet, mit der sich Harley-Davidson auch den Kunden der Chopper-Szene zuwendet.

 

 Eine SUPER GLIDE von 1971

 

Zwei Jahre danach nimmt auch der Vater von Willie G., Präsident William Davidson, nach 45-jähriger Firmenzugehörigkeit seinen Hut. Dick O'Brien ist der erste Präsident des Unternehmens, der nicht aus der Gründerfamilie stammt.
1974 startet die Produktion im neuen Werk in York (Pennsylvania). Drei Jahre später wird die Chopper-Baureihe um die Low Rider erweitert, in den Jahren danach folgen Schlag auf Schlag Fat Bob, Wide Glide und Sturgis.

 

 LOW RIDER

 

FAT BOB von 1979

 

 WILDE GLIDE aus 1980

 

Auch der Hubraum der großen Twins wächst wieder auf 1.340 cm³. Steigende Verkaufszahlen beweisen, daß der neue Kurs stimmt. Aber AMF ist nicht in erster Linie ein Motorrad-Unternehmen, und so kommt es zu Fehlentscheidungen, die Mitarbeiter, Kunden und Händler gleichermaßen verärgern. Als Folge davon bleibt die Umsatzsteigerung hinter dem Wachstum des boomenden Motorradmarktes zurück, und AMF verliert zusehends das Interesse an der Motorrad-Schmiede. Deshalb wird Vaughn Beals als neuer Harley-Davidson Chef damit beauftragt, das Unternehmen zu verkaufen. Der aber hat großes Vertrauen in die traditionsreiche Firma und ihre Produkte und inszeniert einen klassischen Buyout.

 

So kommt es, daß 1981 die Top-Manager um Vaughn Beals "ihre" Firma mit Hilfe eines Bankenkonsortiums erwerben. Sie kaufen Harley-Davidson zum Preis von 80 Millionen US-Dollar. Das Unternehmen hat mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, weil der Motorrad-Boom abflaut, aber neue Ideen und neue Produkte sichern das Überleben. Eine dieser Ideen ist die Gründung einer Vereinigung von Harley-Davidson Besitzern, eine andere ein komplett neuer Motor.

 

1983 entsteht die Harley Owners Group (H.O.G.), und ein Jahr später bringt Harley-Davidson den EVOLUTION Motor, einen Voll-Aluminium-V2, zur Serienreife. Das neue Triebwerk wird nach und nach in alle Modelle eingebaut. Zu den ersten Bikes, die damit ausgestattet werden, zählt die Softail, die mit ihrer klassischen Starrahmenoptik und verdeckt unter dem Motor angeordneten Federbeinen eine völlig neue Baureihe begründen wird.

 

 Mit dem EVOLUTION Motor bricht eine neue Zeit an

 

Willie G. Davidson behält das Ohr direkt am Markt und pflegt den Kontakt zu den Bikern. Unnachahmliches Design, bemerkenswerte Zuverlässigkeit und ein hoher Qualitätsstandard sind die typischen Merkmale, die die Maschinen von Harley-Davidson seither auszeichnen und in der ganzen Welt begehrt machen.

 

Der wirtschaftliche Erfolg bleibt nicht aus. 1985 geht Harley-Davidson ein zweites Mal an die Börse. Die Harley-Davidson Aktien gelten von Anfang an als ausgesprochen attraktive und sichere Kapitalanlage, und ihr Kurs steigt in den folgenden Jahren kontinuierlich.
1989 führt Harley-Davidson eine neue Softail, die Fat Boy, ein, eine Art gestrippter Tourer ohne Verkleidung und Packtaschen, aber mit breiten Reifen und voluminösen Kotflügeln. Die neue Motorrad-Kategorie der Cruiser ist geboren.

 

 FAT BOY

 

Zwei Jahre später hat sich der Kurswert der Harley-Davidson Aktie bereits verzehnfacht, und 1994 rollt die zweimillionste Harley-Davidson vom Band. Die Jahresproduktion beträgt 95.811 Motorräder. Im Folgejahr überschreitet die Motorradproduktion mit 105.104 Einheiten erstmals die magische Grenze von 100.000.

 

1996 erwirbt Harley-Davidson 49 Prozent an der Firma Buell, die sportliche Motorräder mit Harley-Davidson Motoren herstellt. Ein Jahr danach wird das "Willie G. Davidson Product Development Center" in Wauwatosa, Wisconsin eingeweiht.
Im Jahr 1998 eröffnet Harley-Davidson in Kansas City im Bundesstaat Missouri ein neues Werk, und das Unternehmen erwirbt die Aktienmehrheit an Buell. Harley-Davidson ist in den USA längst Marktführer bei den Motorrädern über 750 cm³, die Jahresproduktion beträgt jetzt mehr als 150.000 Einheiten. 1999 führt Harley-Davidson den neuen Big Twin Motor TWIN CAM 88 mit 1.450 cm³ und zwei Nockenwellen ein. Er treibt seither alle Dyna Glide und Touring Modelle an. Die Jahresproduktion beträgt mehr als 177.000 Motorräder.

 

 Der 1999 eingeführte neue BIG TWIN Motor -TWIN CAM 88

 

 DYNA SUPER GLIDE SPORT

 

Ein Jahr später präsentiert die Motor Company auf der Basis des Twin Cam 88 den "Twin Cam 88B" mit zwei gegenläufig rotierenden Ausgleichswellen zur Dämpfung der Vibrationen. Er dient als Kraftquelle der neuen Softail Generation, als deren Krönung das exklusive Modell Deuce aufgelegt wird.

 

 SOFTAIL DEUCE aus 2000

 

Im Jahr 2001 erweitert die Company mit der DYNA SUPER GLIDE T-Sport die Dyna Glide Baureihe um einen leichten sportlichen Tourer. Zu den zahlreichen Detailverbesserungen für diesen Modelljahrgang zählt die elektronische Wegfahrsperre, die es Langfingern schwer macht, sich den Traum Harley-Davidson zu erfüllen.
Auch die Produktionszahlen des Jahres geben Anlaß zur Freude: 234.461 Harley-Davidson und 9.925 Buell verlassen die Werkshallen.

 

Für das Jahr 2002 präsentiert Harley-Davidson zwei brandneue Modelle, die Sportster XL 883 R, eine Maschine im Stil der erfolgreichen Harley-Davidson Dirt Track Racer, und den spektakulären Power-Cruiser V-Rod. Mit diesem außergewöhnlichen Motorrad schickt sich das Unternehmen an, neue Zielgruppen zu erschließen. "Die V-Rod hat das Herz eines Superbikes, das Styling einer Custom Maschine und die Performance eines Dragsters," umschreibt Jeff Bleustein, Vorstandvorsitzender der Harley-Davidson Motor Company, den Charakter der erstaunlichen Maschine.

 

 SPORTSTER 883 HUGGER, 2003

 

 Die neue V-ROD mit dem  Herz eines Superbikes, dem Styling einer Custom Maschine ...

 

  ...und der Performance eines Dragsters - Dieses Bild steht auch als Wallpaper zum Download bereit

Der treffend REVOLUTION getaufte flüssigkeitsgekühlte 60°-V2-Motor der V-Rod mit vier obenliegenden Nockenwellen stammt aus der Werksrennmaschine VR 1000, mit der Harley an der US-Superbike-Meisterschaft teilnimmt. Das Renntriebwerk ist im Porsche Entwicklungszentrum in Deutschland zur Serienreife gebracht worden. Mit modernster Technologie, Kraftstoff-Einspritzung, Abgas-Katalysator und 117 PS aus 1.130 cm³ Hubraum setzt der neue Harley V-Twin ebenso neue Maßstäbe wie das unvergleichliche Styling der V-Rod, für das der legendäre Willie G. Davidson verantwortlich zeichnet - lang und flach, ganz in Aluminium und Chrom.

 

 REVOLUTION Motor

 

Den hundertsten Geburtstag im Jahr 2003 hat das Unternehmen auf dem ganzen Globus gebührend gefeiert. Höhepunkt war die vom 28. bis 31. August 2003 dauernde Party der Superlative in der Heimatstadt der Motor Company Milwaukee.
Den runden Geburtstag nahm das Unternehmen außerdem zum Anlaß, die gesamte Modellpalette als exklusive Jubiläumsedition anzubieten. Gefertigt mit höchster Liebe zum Detail bilden diese Motorräder die perfekte Synthese aus faszinierendem Stil und mustergültiger Funktion. Neue, aufwendige Lackierungen sowie eine Vielzahl geschmackvoller Jubiläums-Insignien und Jubiläums-Styling-Elemente machen sie zu den begehrtesten Modellen, die Harley-Davidson je herstellte. In diesen Maschinen vereint die Marke ihr vollständiges Know-How aus einem Jahrhundert Fahrzeuggeschichte. Zugleich weist sie den Weg in die nächsten 100 Jahre.

 

 Tacho der SPORTSTER 1200

 

 Luftfilter BIG TWIN

 

Harley-Davidson hat kurzzeitige Modeerscheinungen stets anderen überlassen. Die Traditionsmarke setzt Trends, statt ihnen hinterherzulaufen. Dies kennzeichnet die gesamte Geschichte des Unternehmens, und daran wird sich auch künftig nichts ändern.

 

 

 

ps 13. Juni 2008

 

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